Mein Tanzbereich, dein Tanzbereich – das gilt auch im Supermarkt!

© Matheus Vinicius / Unsplash

Ohne Frage, die Welt kann ziemlich kompliziert sein. Und doch gibt es Dinge, die eigentlich ganz einfach sind. Zum Beispiel die Sache mit dem Abstand – also der Abstand zwischen zwei Menschen. Spätestens seit Dirty Dancing wissen wir, dass wir alle unseren eigenen Tanzbereich haben. Und unser gesunder Menschenverstand sagt uns, dass das nicht nur gilt, wenn Johnny und Baby den Mambo tanzen. Niemand will beim Feedbackgespräch den Atem der Vorgesetzten spüren. Kein Mensch möchte von seiner Ärztin die Hand getätschelt bekommen, während die einen in Sachen Verstopfung berät. Und die wenigsten möchten mit dem Kellner füßeln, wenn der gerade den Wein einschenkt. Ziemlich simpel. Eigentlich. Und doch passiert es immer wieder: Menschen drängeln sich in meinen natürlichen Tanzbereich.

Tatort dieser wiederkehrenden Territorialüberschreitung: die Schlange an der Supermarktkasse. Eigentlich erlebe ich es jede Woche – weil ich nämlich zu den Menschen gehöre, die beinahe täglich einkaufen gehen. Einerseits, weil ich kein Auto habe, um wöchentliche Großeinkäufe wegzukarren. Andererseits, weil mir die hellseherischen Kräfte fehlen, um vorherzusagen, was ich morgen, geschweige denn übermorgen, essen möchte. Und außerdem macht Einkaufen mir nun mal Spaß. Aber eben nur so lange, bis an der Kasse mal wieder jemand meint, mir derart auf die Pelle rücken zu müssen, dass ich mich fühle wie Monk in einer japanischen U-Bahn.

Inzwischen habe ich sogar verschiedene Arten von Supermarktdränglern ausgemacht.

Inzwischen habe ich sogar verschiedene Arten von Supermarktdrängler*innen ausgemacht. Die wohl harmlosesten sind die, die ungefragt einfach all deine Lebensmittel anfassen, um sie auf dem Band nach vorne zu schieben – weil sie dann selbst schneller ihren Korb auspacken können. Ein Nervigkeitslevel drüber folgen die Hackenbumser*innen. Das sind diejenigen, die dir im Sekundentakt ihren Einkaufswagen in die Hacken oder an den Po schieben, um zu signalisieren, dass es ja nun mal bitte ein Stück nach vorne gehen möge.

Mein ganz persönlicher Supermarktkassen-Supergau ist allerdings Typ 3: die Kuschler*innen. Klingt putzig, ist aber eigentlich nur eins: super nervig und ziemlich unangenehm. Die Kuschler*innen kommen dir nämlich so nah, dass sie eigentlich nur noch ihre Arme ausbreiten müssen und schon sieht man aus wie ein eng verschlungenes Liebespaar. Du spürst ihren Atem förmlich im Nacken und kaum machst du einen Schritt nach vorne, folgen sie dir.

Wenn du körperliche Nähe suchst, dann geh ins Pascha und zahl dafür!

Eigentlich möchte ich die Kuschler*innen wegschubsen und sagen: „Wenn du körperliche Nähe suchst, dann geh ins Pascha und zahl dafür!“ Ich entscheide mich dann aber doch immer gegen die Eskalation und für simples Ausweichen. Da die Kuschler*innen trotzdem hartnäckig nachrücken, hat das mitunter schon dazu geführt, dass ich mich plötzlich in der Schlange an der gegenüberliegenden Kasse wiederfand – fernab meiner Lebensmittel.

Während alle anderen – außer der Kuschler*innen natürlich – seltsam gucken und sich offenbar fragen, warum ich einen Haken nach dem anderen schlage, denke ich nur: Es kann kein Zufall sein, dass zwischen den Worten Anstand und Abstand nur ein Buchstabe liegt. Wer ersteres besitzt, sollte letzteres nämlich wahren.

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