An alle Riesen: Macht Platz für uns Zwerge!
Vor ein paar Wochen war ich auf dem Greta van Fleet Konzert im Palladium, eine meiner absoluten Lieblingsbands und ich freute mich wie Bolle auf den Abend. Doch kaum stand ich im Konzertsaal und hörte – wohl bemerkt hörte und nicht sah –, wie die Vorband zu spielen begann, fragte ich mich wieder mal: Warum geh ich eigentlich noch auf Konzerte? Dazu müsst ihr wissen: Ich bin 1,59 m klein. Die Welt sehe ich schon ein Leben lang aus der Hobbit-Perspektive, für sämtliche Wege brauche ich das Dreifache an Schritten und jedes Mal, wenn ich im Supermarkt an irgendwas nicht rankomme, habe ich Angst, das Regal kippt um und begräbt mich, wenn ich drauf klettere.
Na klar hat das Leben als Zwerg ein paar Vorteile. Oft gehst du noch als Kind durch und kriegst ermäßigten Rabatt, in der Bahn ist Beinfreiheit kein wirkliches Problem und mit dem Kopf stößt du auch selten wo an. Die Nachteile sind aber immens. Radler am Kiosk kaufen ohne Ausweis ist nicht drin, Hosen kaufen macht einfach keinen Spaß und sich ständig Sprüche wie „Hat jemand Sophie gesehen?“ anhören zu müssen, nervt auch auf Dauer. Eins der schlimmsten Probleme sind aber auf jeden Fall Konzertgänge.
Meine Bitte, mein sehnlichster Wunsch und auch irgendwie meine ausdrückliche Forderung: Platz da, ihr großen Menschen!
Jeder, der von mir hört, dass ich noch nie auf einem Festival war, reagiert schockiert. Aber wieso sollte ich 200 Euro für ein Ticket ausgeben, nur um mir drei Tage lang verschwitzte Rücken oder Tourdaten auf T-Shirts anzuschauen?
Ich wünschte manchmal, es gäbe einen Rat, vor den ich treten oder ein Gericht, in dem ich Einspruch erheben könnte. Mein Antrag: Regale im Supermarkt nicht höher als 1,70 m bauen, Schuhe für Damen schon ab Größe 34 anbieten, Todesstrafe auf blöde Sprüche einführen und Sanktionen verhängen gegen Verkäuferinnen, die mich genervt in die Kinderabteilung schicken.
Da ich aber weiß, dass es ein Zwergen-Gericht nicht gibt und Supermarktregale sicher mit Sinn so hoch sind, hier meine Bitte, mein sehnlichster Wunsch und auch irgendwie meine ausdrückliche Forderung: Platz da, ihr großen Menschen! Und das mein ich ernst. Ich weiß, ihr könnt auch viel jammern, euch beklagen – das Leben als Riese ist so schwer. Jaja, mimimi. Dafür ist hier aber kein Platz, jetzt geht’s um uns Kleine.
Sind Arschlöcher einfach zufällig immer groß oder kommt das Arschlochtum mit dem Großsein?
Ich meine, wie schwer kann es sein, sich im Kino nach hinten zu setzen oder sich zumindest nicht extra groß zu machen? Wie schwer kann es sein, beim Konzert auf freundliche Bitte hin einen Schritt nach rechts zu gehen oder nicht rumzufluchen, wenn ich bei der Zugabe auf die Schulter genommen werde, um wenigstens für drei Lieder die Band zu sehen?
Ich war mal auf einem Konzert von Wolf Alice, auf dem die auch nicht so hoch gewachsene Frontsängerin Ellie Rowsell in der Mitte ihres Konzerts stoppte und sagte, sie würde alle Großen bitten, vorne in den ersten Reihen Platz zu machen für die Kleinen. Ich hatte mich noch nie so ernst genommen gefühlt, aber wer denkt, dass da Platz gemacht wurde, irrt sich. Ihre Bitte zog eine super lange Konzertpause mit sich, weil große Menschen sich weigerten, Platz zu machen und Wolf Alice sich weigerte, so lange weiter zu spielen.
Mal ehrlich: Was soll der Mist? In dem Moment fragte ich mich schon: Sind Arschlöcher einfach zufällig immer groß oder kommt das Arschlochtum mit dem Großsein?
Daran, in einer Ellenbogen-Gesellschaft zu leben, können wir alle was ändern. Warum also fangt ihr Großen nicht einfach damit an, wo ihr euch doch sowieso überall als erstes hindrängt?