Bützen, Schunkeln und Umarmen – bitte nicht nur an Karneval!

© Vonecia Carswell | Unsplash

Zwischen Weiberfastnacht und Aschermittwoch herrscht nicht nur in Sachen Feierlaune und Alkoholkonsum, sondern auch in Bezug auf Körperkontakt der absolute Ausnahmezustand in unserer schönen Stadt. Mit dem richtigen Pegel fallen sich selbst völlig Fremde beherzt in die Arme, wenn „Nie mehr Fastelovend“ aus den Boxen der hoffnungslos überfüllten Kneipe dröhnt.

Wir haben während der Karnevalszeit in der Regel überhaupt kein Problem damit, anderen nah zu kommen und (platonische) Zärtlichkeiten auszutauschen. Ganz im Gegenteil. Es wird geschunkelt und gebützt, was das Zeug hält. Wir umarmen uns bei jeder sich bietenden Möglichkeit, tanzen eng miteinander und sind offen für allerlei Liebesbekundungen. Auch gegenüber denjenigen, die wir gerade erst beim Smalltalk auf dem Klo kennengelernt haben.

In erwachsenen Freundschaften bleibt es meist bei der Begrüßungs-Umarmung

Außerhalb der fünften Jahreszeit sieht das aber schon wieder ganz anders aus: Oft beschränkt sich die körperliche Nähe unter Freunden auf eine lockere Umarmung zur Begrüßung und zum Abschied.

Dabei sollte man auch unabhängig von diesen volltrunkenen Tagen kleine körperliche Gesten austauschen und – auch ganz ohne sexuellen Kontext – etwas Liebe durch Umarmungen und Co. schenken. Im ganz normalen Alltagsleben scheint uns das abhandengekommen zu sein. Aber woran liegt das eigentlich? Das war doch mal anders, als wir noch Kinder waren. Da haben wir mit unseren Freunden Händchen gehalten, uns gegenseitig den Rücken gekrault und alles gebützt, was wir lieb hatten. In erwachsenen Freundschaften geht es über die Begrüßungs-Umarmung – und eventuell hier und da mal einen Schulterklopfer – meist nicht hinaus.

Das Kuschelhormon senkt den Blutdruck und verringert Stress

Dabei tut uns (freundschaftliches) Kuscheln nachweislich richtig gut: Der Körper schüttet dabei Oxytocin aus, das im Volksmund auch als Kuschelhormon bezeichnet wird. Es senkt den Blutdruck und verringert die Ausschüttung von Stresshormonen. Auf diese Weise dämpft es Angst- und Aggressionsgefühle. Forscher einer Universität in Pittsburgh messen regelmäßigen Umarmungen sogar eine immunsystemstärkende Wirkung bei. Wir werden im besten Fall also nicht nur relaxter, sondern auch seltener krank, wenn wir uns mehr Körperkontakt gönnen.

Es gibt etliche weitere solcher ‚Funfacts‘ zum Thema: Biopsychologen der Ruhr-Uni Bochum haben zum Beispiel herausgefunden, dass die meisten Menschen Umarmungen bevorzugen, bei denen die rechte Hand über die linke Schulter des jeweiligen Gegenübers geführt wird. Ihr könnt mit diesem Wissen also sogar „advanced hugs“ verteilen und eurem Umarmungspartner ebenso etwas Gutes tun, wie euch selbst. Nicht umsonst gibt es viele schöne Zitate zu diesem Thema. So sagte der US-amerikanische Cartoonist Bil Keane doch zu recht: „Eine Umarmung ist wie ein Boomerang – man bekommt sie sofort zurück“.

In Sachen Körperlichkeit sollten wir immer ein bisschen so sein, wie an Karneval

Das Tolle an der ganzen Sache ist aber ja auch, dass man per se eigentlich nichts falsch machen kann, wenn man körperliche Zuneigung verteilt. Eine Umarmung hat doch ein jeder noch gebacken bekommen.

Warum also gehen wir eigentlich derart sparsam mit unseren Streicheleinheiten um, sobald uns wieder der Ernst des Alltags im Griff hat? „Why so serious?“, fragt man sich da doch irgendwie. (Auch, wenn man nicht gerade als Joker verkleidet ist). Eigentlich sollten wir also, was unsere Körperlichkeit miteinander betrifft, immer ein bisschen so sein, wie wir es an Karneval sind.

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