Warum ihr euch die Fast-Fashion-Ausstellung im Rautenstrauch unbedingt angucken solltet

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Ja, du weißt es: Die Jeans, die du trägst, ist vermutlich weiter gereist als die Travel-Gurus in deinem Insta-Feed vereint, dein T-Shirt wurde mit mehr Chemikalien behandelt als die Haare von Katy Perry und für deinen Pullover wurden junge Arbeiter und Arbeiterinnen in Asien ausgebeutet. Aber das weißt nicht nur, das wissen wir alle und dennoch kaufen wir immer mehr Kleidung für immer weniger Geld.

Die tödliche Kombination aus schnellerer Produktion, Konsumwahn und Geiz hat einen Namen: Fast Fashion. Bis zum 24. Februar zeigt das Rautenstrauch-Joest-Museum die Ausstellung „Fast Fashion. Die Schattenseiten der Modeindustrie“ noch, die sich mit den ökologischen und sozialen Auswirkungen der Bekleidungsindustrie auseinandersetzt.

Die Produktion hat sich verdoppelt und wir tragen unsere Kleidung nur noch halb so lang.

Der Begriff fast bezieht sich dabei auf verschiedene Faktoren: Vor 20 Jahren lag die Zeitspanne für die Produktion eines Kleidungsstücks beispielsweise noch bei zwei bis drei Monaten – heute vergehen lediglich zwei Wochen vom Entwurf bis zur Auslieferung. Genau aus dem Grund besteht 2019 das Modejahr nicht mehr aus zwei Zyklen – der Sommer- und der Winterkollektion – sondern aus ganzen zwölf Kollektionen. Das hat zur Folge, dass der Verschleiß der Artikel erheblich höher ist. Die Produktion hat sich innerhalb der letzten 15 Jahre verdoppelt – und wir tragen unsere Kleidung im Schnitt nur noch halb so lang.

Ähnlich wie Fast Food ist auch der Kauf von Fast Fashion nicht die geilste Lösung und schlägt auf Dauer ganz schön auf den Magen.

Ähnlich wie Fast Food ist auch der Kauf von Fast Fashion nicht die geilste Lösung und schlägt auf Dauer ganz schön auf den Magen – schließlich lebt so manch eine Strumpfhose nicht wesentlich länger als eine Portion Fritten von McDonalds. Mit Interview-Ausschnitten, Visualisierungen von Fakten und Zahlen sowie Bildern der 2013 eingestürzten Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesch, die mit 1127 Opfern die Dimensionen einer Naturkatastrophe annimmt, bringt die Ausstellung ihren Besuchern die Schicksale der Textilarbeiter und Textilarbeiterinnen in China, Bangladesch, Kambodscha und Indien näher.

Und auch jene Problematik, die in zahlreichen Diskussionen rund um Fast Fashion regelmäßig ausgeblendet wird, findet in der Ausstellung endlich Beachtung: Die Rede ist von der höhnischen Doppelmoral der Modeindustrie in Bezug auf Frauen. Wir alle kennen die Statement-Shirts mit Aufdrucken wie „Girl Power“, „The Future is female“ oder „Smash the patriarchy“. Kleidung ist längst nicht mehr Gebrauchs-, sondern Identitätsware, ist Ausdruck von Persönlichkeit und Lifestyle und – glaubt man den Marketingabteilungen der großen Modelabels – auch von Feminismus.

Wie feministisch kann ein Kleidungsstück sein, das von jungen Frauen unter lebensgefährlichen Bedingungen hergestellt wurde?

Doch wie feministisch kann ein Kleidungsstück sein, das von jungen Frauen – diese bilden mit 80% den Großteil der Textilarbeiter – unter lebensgefährlichen Bedingungen und für ein Gehalt, das noch nicht mal die Existenz sichert, hergestellt wurde? Wie ironisch, dass große Marken ihre Kleidung mit Female Empowerment bewerben und diese auf den Kosten der Frauenrechte in den jeweiligen Produktionsländern hergestellt wird.

Wie absurd, dass Kleidung, in der ich mich schöner, erfolgreicher und wertvoller fühlen soll, in einem Umfeld produziert wird, in dem sexualisierte Gewalt und Unterdrückung gegenüber Frauen zum Arbeitsalltag gehört. Und wie bekloppt, dass doch gerade Frauen diejenigen sind, die als umsatzstärkste Gruppe in der globalen Bekleidungsindustrie dieses menschen-, insbesondere frauenverachtende System unterstützen.

Weniger Statement-Shirts und mehr Statements.

Gleichberechtigung kann man nicht als Ware erwerben. Niemandem sollte die Ausbeutung von Textilarbeitern egal sein – doch gerade Frauen sollten sich darüber bewusst sein, dass sie mit ihrem Konsumverhalten für das eigene vermeintliche Empowerment die Unterdrückung anderer Frauen weiterhin gewährleisten. Anstatt passive Loyalität mit feministischen Slogans auszudrücken, könnte man doch aktiv gegen die Ausbeutung von Frauen vorgehen. Mit weniger Statement-Shirts und mehr Statements.

Fast Fashion. Die Schattenseiten der Mode | Rautenstrauch-Joest-Museum | Cäcilienstraße 29-33, 50667 Köln | Bis zum 24. Februar | Dienstag – Sonntag: 10–18 Uhr, Donnerstag: 10–20 Uhr | 10 Euro, erm. 8 Euro | Mehr Info

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