Ich habe mit dem Rauchen aufgehört – ich dampfe jetzt

© Brian Beckwith | Unsplash

Ich habe Schluss gemacht. Nach 20 langen Jahren haben wir uns getrennt: die Zigaretten und ich. Unsere Beziehung war intensiv und überlebte jeden Trennungsversuch. Kamen Zweifel auf, brauchte es nur eine wilde Partynacht und einen Drink zu viel und wir fanden wieder zusammen. Nach einem dreimonatigen Beziehungs-Aus vor einigen Jahren entschieden wir uns gegen die On-off-Geschichten.

Schließlich hatten wir es gut miteinander – die Zigaretten und ich. Sie halfen mir beim Socializing, gegen Stress, Nervosität und bei Langeweile. Sie verschafften mir Pausen im Job, die Nichtrauchern als Faulheit ausgelegt worden wären. Wir wurden gemeinsam wach, verbrachten laue Sommernächte und beim Schreiben meiner Diplomarbeit wuchsen wir noch enger zusammen. Im Gegenzug verdrängte ich, wie toxisch unsere Beziehung wirklich war. Ich ignorierte, dass sie mir die Luft nahm – und diejenigen, die mich vor ihr warnten, strafte ich mit entnervten Blicken.

Meine Neue hat einen Vorteil: Sie raucht nicht, sie dampft!

Doch nun, nach all den Jahren, trennen sich unsere Wege – denn ich habe jetzt eine Neue. Sie hat einen entscheidenden Vorteil: Sie raucht nicht, sie dampft. Ja, ich bin tatsächlich unter die Dampfer gegangen. So nennt man sie angeblich, Menschen wie mich – Menschen, die nicht an Tabak-Stängeln, sondern an E-Zigaretten ziehen.

Dass es mal soweit kommen würde, hätte niemand für möglich gehalten – am wenigsten ich selbst. „Ich hätte schwören können, du kündigst solchen Leuten direkt die Freundschaft“, meinte zuletzt jemand, als er mich das erste Mal mit meiner Neuen sah. Er lag nicht ganz falsch. Schließlich war ich lange genug im Team „Wenn schon rauchen, dann richtig“.

Wenn Rauchen uncool ist, ist es auch egal, ob ich zu den Uncoolsten unter den Uncoolen gehöre

Sah ich einen „Dampfer“, dachte ich früher insgeheim: „Ja, vielleicht würde Helmut Schmidt hier auch rauchen – aber ganz bestimmt nicht diesen Schrott!“ Es hatte einfach keinen Stil. Zumindest redete ich mir das ein. Natürlich wusste ich, dass die Zeiten, in denen Rauchen irgendetwas mit Coolness oder Stil zu tun hatte, längst vorbei waren. Übrig geblieben war nur die eigene Unfähigkeit, die Sucht zu bekämpfen.

Also kam ich irgendwann zu dem Schluss: Wenn Rauchen ohnehin uncool ist, dann ist es auch egal, ob ich zu den Uncoolsten unter den Uncoolen gehöre. Außerdem wäre es auch schon wieder ziemlich cool, drauf zu pfeiffen, was andere über den nicht vorhandenen Coolnes-Faktor einer E-Zigarette denken. Und überhaupt: Was sollte das ganze Gefasel von Coolness und Stil, wenn es um die eigene Gesundheit geht?

Auch die E-Zigarette versorgt mich mit Nikotin

Also bin ich umgestiegen. Auf den elektronischen Kick. Zu behaupten, ich hätte die Sucht besiegt, wäre natürlich gelogen. Denn auch meine Neue versorgt mich mit Nikotin. Weil ich es so will und so brauche. Noch.

Unsere Beziehung ist etwas komplizierter als die zu meiner Ex. Für unser Zusammensein reicht es nicht, schnell ins Büdchen ums Eck zu springen. Neuerdings fahre ich bis in die Innenstadt zum Liquid-Dealer meines Vertrauens. Dort decke ich mich dann bei Hamsterkäufen mit nikotinhaltiger Flüssigkeit für meine „Justfog Q16“ ein – bekannt als eine der besten und günstigsten Einsteiger-E-Zigaretten.

Das mag etwas mehr Aufwand bedeuten, aber es spart auch eine Menge Geld. Mit einem Liquid-Fläschlein für 4,50 Euro komme ich etwa drei bis vier Tage hin, manchmal eine ganze Woche. Früher habe ich eine Sechs-Euro-Kippenschachtel verqualmt – und das täglich.

Weinger Geld, weniger Raucherhusten

Noch viel entscheidender als die Kohle ist aber, dass mein morgendlicher Raucherhusten schwindet und ich plötzlich wieder rieche, wenn andere geraucht haben. Es stört mich nicht, aber ich nehme es wahr. Genauso wie andere wahrnehmen, dass ich nicht mehr nach Rauch rieche. Selbst ein frischerer Teint wurde mir schon unterstellt, wobei das wohl eher einem günstigen Lichteinfall geschuldet war.

Fest steht aber: Auch wenn das mit dem "Einfach drüber stehen, was andere denken" spätestens in einer klassischen Raucherrunde nicht mehr so ganz funktioniert und ich mich dann mit einem "Ja, ich weiß, ist peinlich – aber ja auch weniger schädlich" entschuldige, fühlt sich diese neue Beziehung irgendwie besser an. Weniger selbstzerstörerisch. Und vielleicht gelingt auch uns die Trennung irgendwann. Der Gedanke, dass meine Lunge in den nächsten 20 Jahren Zeit hat, ihre Farbe von Tiefschwarz in Hellgrau zu wechseln, ist jedenfalls kein ganz schlechter.

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