Traut euch! Warum ich es gut finde, dass plötzlich alle heiraten

© Annie Gray | Unsplash

Ich bin mir nicht sicher, ob ich einfach in ein Alter komme, in dem nun mal geheiratet wird und es mir deshalb mehr auffällt oder ob die Menschen wirklich wieder öfter "Ja" sagen. Guckt man sich Statistiken an, steigt die Zahl der Eheschließungen aber tatsächlich: 2008 heirateten rund 377.000 Menschen – und die Tendenz ist steigend. Zehn Jahre später waren es knapp 417.000. Die ganze Heiraterei polarisiert natürlich auch – einige kritisieren diejenigen, die ihre Beziehung in den Stand der Ehe heben. Ich dagegen denke: Lasst die Menschen doch heiraten! 

Wenn ich meinen Instagram-Feed öffne, springen mir Bilder von Junggesellinnenabschieden und jungen, schönen Frauen, die ihren Verlobungsring in die Kameras halten, entgegen. Gehe ich zu den Stories über, ändert sich das Thema nicht: Hier erwarten mich Boomerangs, wie die Bräute der Zukunft ihr verpacktes Hochzeitskleid umher schwenken oder mit dem Sektglas vor der gerade gebuchten Location mit ihrem „Hubby to be“ anstoßen. Dazwischen – ganz gleich ob Feed oder Story: Werbung für Brautmoden-Shops in Köln.

Instagramtaugliche Hochzeiten

Irgendwie scheinen alle Hochzeiten gleich auszusehen. Angefangen bei den Junggesellinnenabschieden: Die „I-do-Crew“ zieht in rosa Rüschröckchen, weißen T-Shirts, pastell-grünen Jutebeuteln und Blumenbändern im Haar los. Auf dem Shirt der Braut steht nicht mehr „Scheiße, ich bin die Braut“, sondern „Bride to be“ und auch das besoffen Karaoke singen im Pub wurde gegen stilvolle Makramee-Workshops, Sushi-Kochkurse und professionelle Fotoshootings mit silbernem Glitzer und goldenen Ballons eingetauscht.

Auf jeder Hochzeit gibt es eine Candy Bar, einen Retro-Fotoautomaten und Lichterketten. Die Plätze des Brautpaares sind mit Mr & Mrs-Schildern aus Holz reserviert und irgendwie liegt überall Efeu rum. Alles sehr, sehr instagramtauglich und ästhetisch. Und ganz ehrlich? Ist doch schön.

Wir brauchen mehr Liebe

Ich finde, es gibt Schlimmeres als schöne Hochzeiten, auf denen ich so viele rosa Herz-Marshmallows essen kann wie ich möchte und danach mit Fotos vor einer Efeu-Wand nach Hause gehe, die sogar ich auf Instagram posten würde. Wir leben im Social-Media-Zeitalter, ist doch logisch, dass Hochzeiten durch Instagram und Pinterest inspiriert werden. 

Mir geht’s beim Heiraten nämlich um was ganz anderes, weswegen ich’s auch super finde, dass wieder mehr geheiratet wird: Die Liebe wird gefeiert – egal, wie kitschig das klingt. In Zeiten von Klimakrise, Extremismus und politischem Wirrwarr ist es wichtig, nicht nur depressiv auf dem Sofa zu sitzen, weil man gerade die Nachrichten geschaut hat, sondern auch mal happy zu sein, weil der Dropbox-Link von der letzten Efeu-Hochzeit rumgeschickt wurde und man sich die schönen Fotos anschauen kann. Zur Not kann man sich über die Fotos ja auch lustig machen, aber auch das ist besser als schlechte Stimmung.

Klar, es sind genau diese Probleme und Krisen, die in vielen den Wunsch nach Stabilität und Sicherheit hervorrufen und der Auslöser sind für die vielen Hochzeiten. Aber so what? Sich nach Sicherheit zu sehnen, ist kein Verbrechen und wer es feiert, dass er genau diese Sicherheit in seinem Partner gefunden hat, kann das meinetwegen so instagramtauglich oder -untauglich tun wie er möchte. 

Entdecke die besten Restaurants, Bars und Plätze in deiner Nähe.

Zur neuen Karte!
Zurück zur Startseite