Warum Köln-Liebe nichts mit Größenwahn zu tun hat

© Abi Schreider | Unsplash

Wir Kölner lieben unsere Stadt. Den Dom, die Menschen, das Jeföhl. Wunderbar. Doch wir lieben unsere Stadt nicht still und leise – wir reden auch gerne darüber. Die meisten zumindest. Also erzählen wir jedem, der es hören will – und auch jedem, der es nicht hören will –, wie toll Köln ist. Immer und immer wieder erklären wir, warum man diese Stadt einfach lieben muss. Es geht ja gar nicht anders. Und damit das auch niemand vergisst, steht es sogar über den Dächern Kölns, oder genauer gesagt über der Unterführung der Nord-Süd-Fahrt: „Liebe deine Stadt“.

Doch die Köln-Liebe kommt nicht bei jedem gut an. Manch einer ist genervt. So richtig. Dann wird den Köln-Verliebten Unfähigkeit zur Kritik und Größenwahn unterstellt. Und es werden all die Gründe, warum man Köln auch ziemlich beschissen – oder zumindest alles andere als perfekt – finden kann, ins Feld geführt. Da wird aufgezählt, was die Kölner Politik schon alles so verbockt hat, wie provinziell diese Stadt bisweilen ist und – auch wenn Schönheit im Auge des Betrachters liegt – festgestellt: Schön sei Köln ja nun wirklich nicht.

In einer guten Beziehung bewertet man den anderen nicht nach seinen Fehlern

Dabei ist das Abwatschen der Köln-Liebe doch eigentlich nur eines: völlig unnötig. Denn am Ende ist es wie in einer guten Beziehung auch. Natürlich weiß man – wenn man mal ehrlich zu sich selbst ist –, dass der eigene Partner nicht der schönste, klügste, witzigste und perfekteste Mensch ist, den dieser Planet je ausgespuckt hat. Doch weil wir ihn lieben, halten wir ihn dafür. Oder zumindest erzählen wir all unseren Freunden, dass es so sei. Vor allem in der ersten Verliebtheit.

Klar, nach einer Weile regen wir uns dann vielleicht über offen gelassene Zahnpasta-Tuben auf, vielleicht stört es uns irgendwann sogar, dass unsere bessere Hälfte zu wenig Sport macht, zu viel arbeitet und beim Fernsehen zu laut mit der Chipstüte raschelt. Doch in einer guten Beziehung sind all das nicht die Dinge, wonach wir den anderen bewerten – weil wir ihn lieben.

Darum sprechen Kölner von "Klüngel" und nicht von "Korruption"

Ein liebendes Auge mag Fehler sehen, doch es betont sie nicht. Das bedeutet nicht, dass man nicht über die Dinge sprechen sollte, die einen stören. Es heißt auch nicht, dass man nicht daran arbeiten und sie verändern kann. Doch man macht es eben mit Liebe. Genau deswegen nennen wir den anderen eben nicht „chipsfressenden Fettklops“, sondern bitten unser „kleines Krümelmonster“ liebevoll, mit uns Wassermelone statt Chips zu essen. Das macht man eben, wenn man liebt.

Und wahrscheinlich ist auch genau das der Grund, warum viele Kölner von „Klüngel“ und eben nicht von „Korruption“ oder "illegalen Seilschaften" sprechen, warum wir immer wieder betonen, wie toll die Menschen und das Jeföhl in dieser Stadt sind, statt mit dem Finger auf hässliche Gebäude zu zeigen. Das ist kein Größenwahn, es ist auch keine Kritikunfähigkeit. Der Grund ist einfach nur, dass wir unsere Stadt lieben, sie mit einem liebenden Auge betrachten – obwohl sie alles andere als perfekt ist. Obwohl wir um die Fehler und Unzulänglichkeiten wissen, stellen wir sie nicht in den Vordergrund.

Es macht wenig Sinn, den Kölnern diese Liebe vorzuwerfen

Es macht also wenig Sinn, den Kölnern diese Liebe vorzuwerfen. Es ist ein bisschen, als würde man einer Freundin, die gerade aufgeregt von ihrem Traummann berichtet, zuerst einmal dessen Fehler aufzählen. Es stößt auf Gegenwehr. Weil sie all die Fehler wahrscheinlich viel besser kennt als man selbst – und ihn nun mal trotzdem liebt. Es ist ein Gefühl – genauso wie Köln-Liebe ein Jeföhl ist. Eines, das glücklich macht. Eines, das man gerne teilt und über das man gerne spricht. Man hat es oder man hat es eben nicht.

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