Bitte nicht noch ein Piccola!
„Schließt sich eine Tür, öffnet sich eine andere“ – hat mal ein schlauer Kopf gesagt. Oder ein dämliches Wandtattoo. Wer weiß das schon. Was man weiß: In der Südstadt hat sich mal wieder eine Tür geschlossen – nämlich die des Meister Gerhard am Chlodwigplatz. Der beliebte Tapas-Laden verabschiedet sich. Persönliche Gründe, heißt es in der Presse.
Noch trauriger als die Nachricht über die Schließung stimmt mich persönlich aber der Name des Nachfolgers: Piccola. Während sich manch Südstädter wahrscheinlich fragt, was da kommen mag, kenne ich den Laden als Ehrenfelderin ganz gut. Schließlich ist das Mutterschiff an der Venloer keine zwei Gehminuten von meiner Haustür entfernt. Und weil sich Piccola auf schönes Ambiente versteht, geht man dort nun mal hin, wenn man etwas Vorzeigbares für weniger bewegungsfreudigen Besuch braucht. Die Pasta ist durchschnittlich, die Pizza in der Regel sogar ganz gut, aber das angenehme Schummerlicht macht den Mangel an Geschmacksexplosionen wett.
Piccola wird in Köln immer mehr zum Sinnbild verpasster Chancen.
Es ist also gar nicht so sehr das Essen, das mich an dieser Neueröffnung stört. Vielmehr ist es das Gefühl, dass Piccola in Köln immer mehr zum Sinnbild verpasster Chancen wird. Die Chancen darauf, dass in unserer Stadt gastronomisch etwas Neues passiert.
Das ist übrigens nicht erst seit der Schließung des Meister Gerhard so. Auch in Ehrenfeld, wo es Piccola bereits zwei Mal gibt, habe ich mich darüber schon geärgert. Als dort die Räume neben dem Piccola-Mutterschiff frei wurden, zerstörte ein „Piccola Coming Soon“-Schild meine Hoffnung auf einen spannenden Neuzugang. More of the same? Denkste! Passiert ist seither nichts. Inzwischen ist die Fensterfront mit Brettern verriegelt – seit Monaten. Verschenkter Platz, verschenkte Chance.
Piccola-Filialen sieht man inzwischen gefühlt an jeder Ecke. Das System der „Piccola Franchise GmbH“ wirkt von außen undurchsichtig.
Gleichzeitig sieht man die Piccola-Filialen inzwischen gefühlt an jeder Ecke. Allein an der Venloer gibt es drei, zwei davon in Ehrenfeld, eine im Belgischen Viertel. An der Aachener Straße im Belgischen Viertel, in Lindenthal, Nippes und im Agnesviertel gibt es weitere Piccola-Restaurants, in Bickendorf wird das Liefergeschäft abgewickelt – und nun kommt also auch noch die Südstadt als Standort hinzu. Macht insgesamt neun Mal Piccola.
Welche der vielen Läden wirklich zum „Familienbetrieb“ gehören und welche Franchise sind, kann auch ich nicht sagen. Das System der im Impressum vermerkten „Piccola Franchise GmbH“ wirkt von außen undurchsichtig – und auch auf Insta ist Piccola mit mehreren Profilen vertreten, als „Piccola Essen & Trinken“, als „Piccola L’Originale“ und als „Piccola Pizzeria & Ristorante“.
Piccola blockiert mit seiner Expansion wertvollen Raum für mögliche neue Player.
Viel wichtiger als die Franchise-Frage ist aber die Tatsache, dass Piccola mit seiner Expansion wertvollen Raum für mögliche neue Player auf der Gastro-Spielwiese blockiert. Dabei könnte gerade Köln etwas mehr Bewegung gebrauchen. Schließlich ist unsere Stadt ein ziemlich kleines Licht auf der gastronomischen Landkarte – zumindest im Vergleich zu anderen Millionenstädten.
Klar, auch bei uns gibt es Sterne-Adressen und Restaurants, die selbst ohne Ritterschlag durch Gault Milleau und Co. Großartiges leisten. Es gibt kleine, unprätentiöse Läden wie das BaiLu Noodles, das 1980 oder das Chum Chay, die für kleines Geld großen Genuss bieten. Es gibt das Johann Schäfer, das frischen Wind in die angestaubte Brauhauskultur bringt. Und es gibt Food-Spots wie die Fette Kuh, die in dem, was sie tun, so gut sind, dass Menschen dafür Schlange stehen.
Dennoch: Fans der japanischen Küche fahren noch immer lieber ins benachbarte Düsseldorf und wer Gastronomie am Puls der Zeit erleben will, den zieht es nach Berlin oder auch Hamburg, aber nicht so sehr nach Köln. Das macht es umso trauriger, dass sich nun mal wieder eine Tür geschlossen hat, ohne dass sich wirklich eine neue öffnet.