Wie kleine Läden mit der großen Krise umgehen

© mill

Als digitales Stadtmagazin interessieren wir uns dafür, wie es den Läden in Köln gerade geht. Wir fragen uns: Wie gehen sie mit der Krise um, welche Hilfen kommen schon an und wie sieht im Moment ihr Blick in die Zukunft aus? Wir wollen daher einige Kölner*innen aus Gastro, Einzelhandel und Co. auf unserer Seite zu Wort kommen lassen.

Den Anfang unserer Serie machen die kleine Läden dieser Stadt. Lena und Mari von "mill", Marc von "Liebe zum Detail", Viola und Philipp von "Fairfitters" und Lena von der "Kleiderei" haben uns einen Einblick in ihr derzeitiges Leben gegeben, sie haben uns verraten, was sich für sie und ihre Läden durch die Krise verändert hat. Danke für eure Offenheit!

Lena und Mari von mill

© jessyleephotographie

Die zwei Schwestern Lena und Mari betreiben am Eifelwall den zauberhaften Vintage-Laden mill. Hier treffen Wohnaccessoires und Vintage-Möbel auf ausgewählte Design-Sachen von holländischen und skandinavischen Lables. Außerdem haben sie wunderschöne Pflanzen vom Mini-Kaktus bis hin zur großblätterigen Monstera im Angebot, die sie regelmäßig in Holland kaufen. Welche Auswirkungen die Krise auf ihr Daily Business hat, erfahrt ihr hier:

1. Wie geht es euch gerade? 
Uns geht es gut – alle sind gesund, das ist das Wichtigste.

2. Was hat sich für euch und euren Laden durch Corona verändert? Wie habt ihr reagiert?
Unser großes Glück ist, dass wir einen Onlineshop haben und dass der Einzel- und Onlinehandel schon immer gleich gewichtet ist. Mit dem ersten Tag der Ladenschließung sind unsere Bestellungen online extrem angestiegen, wofür wir unglaublich dankbar sind. Auch schon vorher hatten wir bei Onlinebestellungen die Option "Abholung im Laden", die wir jetzt noch mehr hervorgehoben haben.

Dadurch, dass wir eh jeden Tag gute zwölf Stunden im Laden sind, konnten wir so auch die persönliche, kontaktlose Abholung sehr flexibel anbieten. Von unseren Onlinebestellungen haben die Abholer circa 30 bis 35 Prozent ausgemacht. Flexibilität ist – seit unserer Gründung vor fast neun Jahren – eh einer unserer Haupt-Grundpfeiler. Mit unseren schon gesammelten Erfahrungen und über die Jahre gestärkten Basis konnten wir alles in allem gut und schnell reagieren, krasse Umsatzeinbußen verhindern und unsere zwei Mitarbeiter weiter beschäftigen.

3. Werdet ihr unterstützt (vom Staat, durch Spenden)? Wie kann man euch unterstützen?
Bisher haben wir keine Unterstützung erhalten.

4. Wie sieht im Moment eure Zukunftsprognose aus?
Zukunftsprognosen sind immer relativ, aber wir sind grundsätzlich zuversichtlich und immer optimistisch und motiviert. Wir lassen uns nicht unterkriegen und werden weiterhin flexibel an alles rangehen, was noch kommt.

5. Was gibt euch Hoffnung und was wünscht ihr euch gerade?
Wir wünschen uns Urlaub.

Marc von Liebe zum Detail

© Miriam Dierks, liebaeugeln.com

Um die Ausbreitung des Coronavirus zu reduzieren, mussten am 23. März alle Friseursalons schließen. Davon betroffen war auch Marc – an der Bismarckstraße 70 im Belgischen Viertel befindet sich seit fast acht Jahren sein wunderschöner Laden "Liebe zum Detail". Wer Marc und seinem Team einmal einen Besuch abgestattet hat, der bleibt hier ewig Stammkunde. Momentan müssen die Kunden allerdings ohne ihren Friseur des Vertrauens auskommen. Wie sich das auf seinen Salon und sein Leben ausgewirkt hat, lest ihr hier:

1. Wie geht es dir gerade? 
Mir geht es gut. Ich konnte die Situation zum Glück recht schnell als gegeben akzeptieren. Wir befinden uns alle in einer Ausnahmesituation. Jetzt ist jeder gefragt – es liegt an uns, verantwortungsvoll zu handeln.

2. Was hat sich für dich und deinen Laden durch Corona verändert? Wie hast du reagiert?
Wir mussten am 23. März schließen. Das Arbeiten hatte sich schon die Woche zuvor komisch angefühlt, deshalb hat mich die Maßnahme nicht überrascht. Alle BürgerInnen sollten zu dieser Zeit schon zwei Meter Abstand halten, doch das ist bei uns im Salon natürlich nicht möglich. Wir haben dann unsere internen Hygienemaßnahmen verschärft und getan, was wir konnten, um eine Ausbreitung des Virus zu verhindern. Seitdem versuche ich mit meinen Kunden in Kontakt zu bleiben. Viele kaufen weiterhin Produkte und schonmal Gutscheine – das hilft uns sehr, um liquide zu bleiben.

3. Wirst du unterstützt (vom Staat, durch Spenden)? Wie kann man dich unterstützen?
Ich habe die NRW-Soforthilfe beantragt – bis jetzt ist allerdings noch kein Geld auf dem Konto. Durch die Serverüberlastung am ersten Tag sind von mir wohl mehrere Anträge beim Wirtschaftsministerium eingegangen, sodass das händisch sortiert werden musste. Nun ist die Auszahlung erstmal wegen Betrugsversuchen gestoppt, ich hoffe sie wird zügig wieder aufgenommen. Wer auch immer da versucht hat, aus dieser Notlage Profit zu ziehen: Das ist ganz schlecht fürs Karma.

Mein Vermieter ist kulant und stundet die Miete, irgendwann muss ich die dann aber natürlich zahlen. Kauft bitte alle weiter bei den kleinen Geschäften – auch momentan! Das unterstützt uns alle am besten. Alle selbständigen Unternehmer nutzen ihre Möglichkeiten und so versuchen auch wir, uns durch Verkäufe von Produkten und Gutscheinen über Wasser zu halten. Das hat natürlich Grenzen, das sehen wir dann, wenn wir im Mai nur Gutscheine abarbeiten sollten. Mein Kollege Friedel vom Scheitel hat einen Moneypool für Friseure ins Leben gerufen, das ist eine tolle Aktion. Jeder kann den Friseur seines Vertrauens unterstützen und ihm helfen, einigermaßen durch diese Zeit zu kommen.

4. Wie sieht im Moment deine Zukunftsprognose aus?
Wirtschaftlich gesehen, haben es Friseure nach den Schließungen gut. Wenn wir am 4. Mai wieder öffnen, werden sicher alle recht schnell zu uns kommen. Die Montage im Mai haben wir dann zusätzlich geöffnet, um möglichst viele Kunden glücklich zu machen. Es geht immer weiter und wir fallen sicher auf die Füße. Ich frage mich aber auch, wie diese Krise unsere Gesellschaft verändert. Es ist nicht alles so selbstverständlich, wie wir immer angenommen haben.

5. Was gibt dir Hoffnung und was wünschst du dir gerade?
Es ist schön zu sehen, dass es doch so viel Zusammenhalt in der Gesellschaft gibt. Sobald der eigene Radius kleiner wird, sind auch die Menschen in diesem wichtiger. Und durch die Kontaktsperre merkt man mal wieder, wer einem wirklich wichtig ist und fehlt. Ich wünsche mir, dass wir im Anschluss an diese Krise zu schätzen wissen, was wir dann wieder alles dürfen. Unsere Möglichkeiten und Freiheiten sind fragil – wir sind alle mitverantwortlich, diese Aufrecht zu erhalten.

Philipp und Viola von Fairfitters

© Privat

"Fairfitters" – das ist der Laden für nachhaltige Kleidung im Belgischen Viertel. Was hier über den Tisch geht, ist fair und nachhaltig produziert und wird ausschließlich unter ethisch korrekten Bedingungen hergestellt. Die Inhaber Viola und Philipp haben uns berichtet, wie es ihnen seitdem ergeht und wie sie kurzerhand ihren Verkauf umkrempeln mussten

1. Wie geht es euch gerade?
Mittlerweile geht es uns wieder ganz gut, aber es liegen extrem harte Wochen hinter uns.

2. Was hat sich für euch und euren Laden durch Corona verändert? Wie habt ihr reagiert?
Wir haben mitten in der Krise unser zweites Kind bekommen und gleichzeitig wurde uns von heute auf morgen die Existenzgrundlage genommen. Wie viele andere mussten wir den Laden am 18. März auf unbestimmte Zeit schließen. Da wir keinen Onlineshop hatten, waren wir gezwungen, schnell zu reagieren. So haben wir es geschafft, innerhalb von drei Wochen einen Onlineshop aufzubauen. Privat kämpfen wir uns so durch, da die Kita ja geschlossen ist und unser Neugeborenes ziemlich betreuungsintensiv ist.

3. Werdet ihr unterstützt (vom Staat, durch Spenden)? Wie kann man euch unterstützen?
Wir haben die Soforthilfe über 9.000 Euro beantragt und auch sehr schnell bekommen. Das Team der Veedelsretter hat uns sehr geholfen. Kunden konnten über das Portal Gutscheine erwerben und uns so unterstützen. Ab Montag, den 20. April dürfen wir endlich unseren Laden wieder öffnen. Jetzt freuen wir uns noch mehr als sonst über jeden einzelnen Kunden.

4. Wie sieht im Moment eure Zukunftsprognose aus?
Schwer zu sagen, aber bis ein Impfstoff entwickelt wurde, wird es ja noch bis voraussichtlich nächstes Jahr dauern. Solange müssen wir uns an eine neue Normalität – mit all den damit verbundenen Einschränkungen – gewöhnen müssen.

5. Was gibt euch Hoffnung und was wünscht ihr euch gerade?
Hoffnung gibt uns tatsächlich die Wiedereröffnung des Ladens und dass sich die Situation in Deutschland etwas entspannt. Wir wünschen uns, dass so schnell wie möglich ein Impfstoff gefunden wird und dass die Menschen die positiven Dinge aus der Krise – wie zum Beispiel die Entschleunigung – beibehalten. Persönlich wünschen wir uns, dass wir unsere Freunde und unsere Eltern endlich wieder in die Arme nehmen können.

Lena von der Kleiderei

© Kleiderei Köln

Warum ständig neue Klamotten kaufen, die man sowieso nicht lange trägt, wenn man doch auch Sachen leihen kann? Das haben sich Thekla und Pola gedacht und die Kleiderei gegründet. In dem bunten Laden in Ehrenfeld könnt ihr normalerweise eure Lieblingsstyles gegen einen Monatsbeitrag in Höhe von 29 Euro einfach ausleihen und gegen immer neue Outfits austauschen. Wie sich die aktuelle Situation auf den Laden und ihre Mitglieder auswirkt, hat uns Lena verraten:

1. Wie geht es euch gerade?
Puh, schwer zu sagen. Die Stimmung ändert sich jede Minute – wir geben unser Bestes, optimistisch zu bleiben.

2. Was hat sich für euch und euren Laden durch Corona verändert? Wie habt ihr reagiert?
Wir mussten den Laden Mitte März schließen, haben aber versucht, ruhig zu bleiben und für die Mitarbeiter alles so zu strukturieren, dass jeder von zuhause oder einzeln im Store arbeiten kann. Es gab genug zu tun, nur eine Struktur war schwierig. Wir sind so froh und dankbar, dass wir so tolle Mitglieder haben, die uns weiterhin so gut unterstützt haben. Auch wenn wir jetzt überraschenderweise schon wieder öffnen dürfen, sind wir nicht sicher für wie lange – alles ist ungewiss.

3. Werdet ihr unterstützt (vom Staat, durch Spenden)? Wie kann man euch unterstützen?
Unsere einzige Vollzeitkraft musste in Kurzarbeit geschickt werden, aber jetzt ist das ja auch schon geschafft. Wer Gutscheine von uns kauft, unterstützt uns immer, auch dabei, unser Konzept zu verbreiten. Außerdem haben wir eine Woche lang aus kaputten Kleidungsstücken Supporter-Scrunchies genäht, davon gibt es noch ein paar im Store. Ab dieser Woche ist der Laden wieder auf – natürlich unter bestimmten Hygienebestimmungen. Wir freuen uns aber, wenn jemand vorbeikommt, Second Hand shoppt oder Mitglied wird.

4. Wie sieht im Moment eure Zukunftsprognose aus?
Nullkommanull gibt es eine – wir hatten geplant, einen weite Stores dieses Jahr zu eröffnen. Ob das jetzt erstmal auf Eis gelegt wird, ist noch unklar.

5. Was gibt euch Hoffnung und was wünscht ihr euch gerade?
Uns wurde besonders jetzt wieder bewusst, wie sehr wir uns auf die Kleiderei-Mitglieder verlassen können – was für eine tolle Gemeinschaft wir haben. Das macht uns noch mal deutlich klar, für wen und warum wir das alles machen. Wir wünschen uns, dass alle gesund bleiben und wir bald wieder zu irgendeiner Normalität zurückfinden können.

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