Feinkost per Fahrrad – Bringsl bringt’s zu dir

© Maybrit Martschin

Mit ihrem Online-Shop Bringsl helfen Tamara Amalia und Lea Woltiri Herstellern aus Köln, ihre handgemachten Produkte zu verkaufen. Wer bestellt, bekommt Besuch: Die beiden liefern Pakete persönlich mit dem Fahrrad aus.

Tamara Amalia und Lea Woltiri haben aufgeräumt: Ein paar Flaschen Ingwer-Limonade, Haselnussschnaps und Gläser mit Pesto haben sie auf dem zerkratzten Holztisch in Tamaras Wohnung zusammengeschoben. Die restlichen 96 Feinkost-Produkte aus ihrem Onlineshop Bringsl, darunter ausgefallene Brotaufstriche wie Cashew-, Dattel- und Salzmandelcreme sowie Chili-Chutneys, Honig, Kaffee, Kakao, Gewürze, Bonbons und Spirituosen, lagern in Leas Privatkeller. Auf dem Boden liegt der große Fahrradrucksack – Tamara muss später noch Pakete in Köln ausliefern. 

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Mit ihrem Versandhandel für lokale Feinkost-Manufakturen aus Köln wollen die Unternehmerinnen nicht nur kleine Hersteller dabei unterstützen, neue Kunden zu gewinnen, sondern auch der Umwelt etwas Gutes tun. So fährt Tamara den Großteil der Pakete innerhalb Kölns mit dem Fahrrad aus. Das kommt gut an bei den Kunden. „Viele reagieren überrascht, wenn dann plötzlich die Gründerin vor ihnen steht.“ Tamara erzählt, sie sei schon oft zum Kaffee eingeladen worden. „Das ist wie im Dorf der Postbote, den jeder kennt“, sagt Lea. Auch die Transportwege zwischen den Manufakturen erledigen die Geschäftspartnerinnen mit dem Fahrrad. „Mein Maximum waren sechs Kisten auf der Venloer Straße“, erinnert sich Lea. „Dann bin ich umgefallen.“

Von der Marktlücke zum eigenen Online-Handel

Die Idee zu einem Onlinehandel für handgemachte, lokale Produkte kam Tamara 2016. Die damals 30-Jährige stieß auf die Marktlücke, als sie selbst Herstellerin ihres eigenen Produktes wurde:  Unter dem Namen Maha Delish begann Tamara mit ihrer Freundin Gita Maharani Nuss-Aufstriche herzustellen und diese zu verkaufen. Ihren Job als Web-Designerin in einer Digitalagentur hatte sie zuvor gekündigt. Auf Märkten lernte die gebürtige Indonesierin viele andere lokale Hersteller kennen und bemerkte ein Problem: „Ich fand es schade, dass sie ihre Produkte nur in Pop-Up-Shops oder auf geschlossenen Events verkaufen können.“ Für Tamara war klar, dass sie ihnen helfen wollte. „Weil ich aus dem E-Commerce komme, ist die Idee entstanden, einen Online-Shop aufzubauen.“ Ein Jahr später, im Dezember 2017, ging Bringsl mit insgesamt 18 Produkten von sechs Herstellern online.

Ihre Idee hat einfach wie Arsch auf Eimer zu meinem Charakter gepasst.

Dafür, neue Produzenten zu rekrutieren, ist heute Lea verantwortlich. Wichtig ist ihr dabei, die Hersteller bei einem Treffen im Café persönlich kennenzulernen. „Das Schöne ist, dass man in Köln direkt duzen kann“, sagt sie. Am meisten gefällt ihr, die Samples zu probieren und die Geschichten hinter den Gründern zu erfahren. Es sei der perfekte Job, so Lea. 

Vor zwei Jahren, als sie Tamara kennengelernt hat, betrieb Lea noch ihr eigenes Bistro. Neben herzhaften Waffeln, Smoothies und Rührei verkaufte die gelernte Hotelfachfrau Feinkost von lokalen Start-Ups. Damit auch Tamaras Aufstriche. „Ich habe die Cremes immer in die Smoothies gemixt – das war ein Verkaufsschlager“, erinnert sie sich. Schon da legte sie Wert darauf, mit Partnern zu arbeiten, die sie kennt und die mit besonderen, handgemachten Lebensmitteln experimentieren. „Ich hatte dieselbe Vision, das gleiche Herzblut wie Tamara.“

Auch als Lea ihr Bistro aufgab, wollten beide in Kontakt bleiben. Nur zwei Kaffees brauchte es, bis ihr Tamara im März 2019 eine Zusammenarbeit im Shop anbot. „Ihre Idee hat einfach wie Arsch auf Eimer zu meinem Charakter gepasst“, sagt Lea. „Dass daraus so schnell eine Partnerschaft geworden ist, macht mich sehr glücklich!“

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Anders als bei Verkaufsplattformen wie Etsy übernimmt Bringsl die Lagerung, Vermarktung und den Versand der Produkte – und das von zuhause aus. Die Manufakturen müssen sich um nichts mehr kümmern. „Wir achten darauf, dass die Produkte ein langes Mindesthaltbarkeitsdatum haben“, erklärt Lea. Noch haben die Bringsl-Besitzerinnen nicht die Möglichkeit, Ware kühl zu lagern. Damit Spirituosen, Soßen, Aufstriche und Co. ins Angebot aufgenommen werden, zahlen die Hersteller einmalige Registrierungskosten an die Firma. Mit der Pauschale decken die Unternehmerinnen die Kosten für professionelle Fotos und Programmierung. Die Produkte kaufen die Geschäftspartnerinnen den Manufakturen zum Einkaufspreis ab und verkaufen sie wieder im Shop.

Um vom Erlös zu leben, reicht es bislang nicht. Tamara muss nebenher Vollzeit als Freelancerin, Lea in der Gastronomie arbeiten. Damit Bringsl bei den Kölnern bekannter wird, feilen beide an ihrem Marketing: Auf Instagram posten sie mehrmals pro Woche Fotos ihrer Produkte, geben Rezeptideen und veranstalten Gewinnspiele. Dazu werben sie auf Messen und Märkten für ihren Shop und haben Aufsteller in Cafés. 

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Nicht zuletzt sind kurze Transportwege ein Grund dafür, warum Bringsl seinen Fokus auf Köln legt. „Wir wohnen hier, kennen die Produzenten“, erklärt Tamara. Zudem stehe jeder Kölner auf Kölner Produkte. Trotzdem sei Köln erst der Anfang. Mittlerweile gebe es Kooperationen mit Herstellern aus Bonn und Düsseldorf. „Die ganz große Version wäre natürlich Bringsl Berlin oder Bringsl Stuttgart“, sagt Lea. Zunächst plant das Unternehmer-Duo, einen Lagerraum zu finden. Tamara betont: „Wir wollen nachhaltig wachsen.“ Auf Fremdkapital verzichten beide dabei bis heute. „Das war eine bewusste Entscheidung“, sagt Tamara. Ihr ist es wichtig, Freiheiten zu haben, statt Zahlen nachzuweisen. Für ihren Plan, später zusätzlich Shops vor Ort zu eröffnen, können sich beide auch Crowdfunding vorstellen. 

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