Forest Gum: Kaugummis aus Baumsaft statt aus Plastik

© Forest Gum

Wer Kaugummi kaut, kaut meistens Plastik. Hinter dem Begriff „Kaumasse“ auf Kaugummiverpackungen verbergen sich nämlich die gleichen synthetischen Stoffe, wie sie zum Beispiel auch in Kunststoffflaschen stecken. Eine unappetitliche Vorstellung, findet Thomas Krämer. Deshalb bestehen die Kaugummis seines Kölner Startups „Forest Gum“ aus „Chicle“, dem Saft des südamerikanischen Breiapfelbaums.

Bis auf die Kaumasse ändert sich bei der Produktion im Vergleich zu Kaugummis aus Synthetik wenig. „Wir benutzen allerdings nur pflanzliche Zutaten und verzichten auf künstliche Aromen oder chemische Zusatzstoffe“, wirbt Thomas. Außerdem sind die Dragees zuckerfrei. Als Süßungsmittel verwendet Forest Gum den Birkensaft Xylit oder den Natursüssstoff Stevia.

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Weltweit kauen die Menschen jedes Jahr schätzungsweise 580.000 Tonnen Kaugummis – und spucken sie irgendwann auch wieder aus. Das Problem: weil sie aus Plastik sind, brauchen sie fünf Jahre, um zu verrotten. „Ich denke das Bewusstsein, auf Plastik zu verzichten, ist momentan so groß wie noch nie“, sagt Thomas. Auch bei der Verpackung verzichtet das Unternehmen deswegen auf Kunststoff.

Thomas hat „Sustainable Resource Management“ mit Fokus auf ökologische Land- und Forstwirtschaft in München studiert. Einer seiner Dozenten erwähnt 2013 während einer Vorlesung, dass Kaugummihersteller lange den Saft des Breiapfelbaums als Grundstoff benutzten. Thomas' Interesse ist geweckt. Er findet heraus, dass Kaugummis noch bis zum Zweiten Weltkrieg aus „Chicle“ bestanden. Auf
Spanisch heißt Kaugummi deswegen heute noch genauso: „Chicle“. Doch
Plastik ist günstiger.

Kaugummis in der eigenen Küche kochen

Nach dem Studium heuert Thomas bei Lemonaid an. Das Unternehmen vertreibt eine fair produzierte Limonade. Nebenher recherchiert er weiter zum Thema Chicle. Er will selbst Chicle-Kaugummis herstellen. Weil der Baumsaft in Deutschland nicht im Laden zu bekommen ist, bestellt Thomas ihn nach einigen Monaten Suche über eine Website. Er startet Kochversuche in seiner eigenen Küche.

„Die ersten hundert Kaugummis waren schon ganz ok und sind immerhin nicht auseinandergefallen“, berichtet Thomas. „Aber mir war klar, dass das Ganze noch geiler werden muss.“ Deswegen sucht er sich einen Produzenten, mit dem er den Kaugummi zusammen weiterentwickelt. Auf „Chicle“ kauten schon die Mayas Thomas fliegt, auf der Suche nach einem Lieferanten, nach Mexiko.

Auf „Chicle“ kauten schon die Mayas

Chicle ist dort kaum noch ein Thema. Es gibt nur noch wenige, die Breiapfelbäume bewirtschaften und ernten können. Lokale Behörden helfen Thomas dabei, mit Bauern in Kontakt zu kommen. Zunächst über Skype, dann fährt er mit dem Bus in den mexikanischen Urwald. 15 Stunden dauert die Fahrt. „Die Bauern waren erst mal skeptisch, als da ein Deutscher ankam und auf gebrochenem Spanisch gesagt hat: Hallo ich bin der Thomas! Da musste ich viel Vertrauen aufbauen.“

Wichtig ist Thomas, dass die Bauern die Breiapfelbäume während der Ernte nicht beschädigen. „So können wir verhindern, dass jemand die Waldstücke rodet. Schon die Mayas haben auf dem Chicle gekaut“, sagt Thomas. Er zahle den Bauern außerdem faire Preise. Nach Jahren der Recherche entscheidet sich Thomas Ende 2018, Lemonaid zu verlassen und gründet Anfang 2019 „Forest Gum“.

© Forest Gum

Die Zentrale des Startups ist in einem Gründerzeithaus an der Riehler Straße im Agnesviertel. Er startet eine Crowdfunding-Kampagne, bei der jeder kleine Beträge in die Idee investieren kann und dafür im Gegenzug bei Produktionsstart Kaugummis erhält. Die Kampagne ist erfolgreich: Fast 1500 Menschen geben „Forest Gum“ mit über 40.000 Euro das Startkapital.

Forest Gum will in alle Supermarktregale

Verkaufsstart der pflanzlichen Kaugummis war im November. Momentan gibt es sie nur in der Geschmacksrichtung Minze. An weiteren Sorten experimentiert Thomas mit seinem Produzenten gerade. Eine Packung Kaugummis kostet im Online-Shop des Unternehmens 1,30 Euro. In den ersten drei Wochen hat „Forest Gum“ nach eigenen Angaben mehr als 30.000 Packungen verkauft.

In Köln und Umgebung liegen sie in 30 Rewe-Märkten in den Regalen und in den Bistros der Kölner Universität. „Die Leute müssen bewusster konsumieren“, findet Thomas. „Aber dafür müssen wir sie erst darüber informieren, was in den ganzen Produkten drinsteckt. Genau das versuchen wir.“

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