Das Köln ABC: S wie Schäl Sick

Köln ist wunderbar – und manchmal auch ein bisschen nervig. Wir lieben den Rhein, Karneval, Kölsch und unser Herz schlägt höher, wenn wir den Dom sehen. Wenn genau diese Sachen dich an Köln verzaubern und du gleichzeitig über die KVB fluchst und dich der Stau auf den Ringen zur Weißglut treibt, bist du hier genau richtig. In unserem Köln-ABC gibt es Köln von A bis Z, von vorne bis hinten und mit allem, was dazu gehört – egal, ob wir es nun gerade feiern oder verfluchen.

Hach ja, die Schäl Sick. Irgendwo da drüben liegt sie, weit entfernt auf der falschen Seite vom Rhein. Unbeachtet ruht sie da, manchmal wird sie von den Linksrheiner*innen besucht – aber eigentlich nur, um auf dem Weg über eine der Brücken den fantastischen Blick auf den Dom und die Kranhäuser zu genießen. Ganz selten verirrt sich auch mal jemand von der linken Seite auf die Rheintreppen, um dann nostalgisch auf die richtige Seite zurückzublicken. Denn wozu sonst ist sie schon da, die falsche Seite von Köln? 

So – oder so ähnlich – scheint es manchmal, wenn linksrheinisch über die Schäl Sick gesprochen wird. Mülheim? Kleine Weltreise! Kalk? Was soll ich da! Porz? Nä, do bliev ich leever he! Wirft man aber mal einen genaueren Blick auf die Schäl Sick, muss dieses alte Klischee der „schlechteren“, langweiligen oder irrelevanten Rheinseite wohl etwas relativiert werden. 

Die Schäl Sick und ihr Ruf

Schon klar – dieses Klischee kommt nicht von ungefähr. Die linke Rheinseite hat den Dom und die Altstadt, die Kranhäuser und die Südstadt, das Belgische Viertel und Ehrenfeld und den Großteil von all dem, was in unserer schönen Stadt so passiert. Doch dass die Schäl Sick nicht lebenswert ist – das würden sich die Mülheimer*innen, Kalker*innen und Co. nicht so einfach sagen lassen. Und das sind immerhin knapp 40 Prozent aller Kölner*innen. Irgendwas muss also dran sein, an der Liebe zur falschen Seite. 

Wie es überhaupt dazu kam, dass die Schäl Sick ihren eigenen Namen bekommen hat, dazu gibt es wie bei so vielem keine ganz genaue Antwort. Eine bekannte, aber umstrittene Theorie ist, dass die Pferde früher auf der linken Rheinseite flussaufwärts gehend von der Sonne in der Spiegelung des Rheins geblendet wurden. Kurzerhand legte man ihnen auf der rechten Seite Scheuklappen an, wodurch das Auge „schäl“ wurde – schielend, schlechter, schäl eben. Und so wurde die rechte Seite des Rheins zur Schäl Sick. Was für manche negativ behaftet ist, tragen die Kölner*innen auf der „falschen“ Rheinseite eher als Ehrentitel – schließlich gilt: Schäl Sick ist schick.

Viel öfter hört man die Kölner*innen von der linken Seite sagen, dass sie niemals auf die Schäl Sick ziehen würden, als dass man die Leute von der Schäl Sick wirklich sagen hört, dass sie dringend dort weg wollen.

Was ist es also, das die Schäl Sick gar nicht mal so falsch macht? Früher waren es vielleicht mal die Mieten – denn da hat es sich allein für den Geldbeutel gelohnt, eine Wohnung auf der anderen Rheinseite zu suchen. Ein Blick ins Internet verrät aber: Die durchschnittlichen Mieten in Mülheim und Deutz sind inzwischen so astronomisch wie in Ehrenfeld oder Sülz – in Kalk kommt man noch so günstig weg wie in Raderthal, in Porz ist das linksrheinische Preispendant schon Merkenich. Wer schön und zentral wohnen will, muss etwas tiefer in die Tasche greifen – egal, auf welcher Rheinseite. 

Die Schönheit des eigenen Veedels liegt aber nunmal im Auge des Betrachters – und viel öfter hört man die Kölner*innen von der linken Seite sagen, dass sie niemals auf die Schäl Sick ziehen würden, als dass man die Leute von der Schäl Sick wirklich sagen hört, dass sie dringend dort weg wollen. Schließlich hat jedes Kölner Veedel seinen eigenen Charme: Schön am Rhein flanieren, auf der Keupstraße das lebhafte Treiben genießen, einen Abstecher zu Trash Chic machen, in Deutz an den Rheintreppen sitzen, durch den großen Rheinpark schlendern oder in einer der Traditionskneipen ein Kölsch genießen. Das sind ein paar der Highlights aus den Augen der linksrheinischen Betrachter*innen – und die wirklichen Geheimtipps behalten Kölner*innen auf der Schäl Sick sowieso lieber für sich.

Fest steht: Mit der Schäl Sick ist es vielleicht ein bisschen wie mit Köln selbst – nur wer wirklich dort wohnt, versteht, wieso es sich lohnt, die eigene Heimat so gern zu haben.

Während die einen sich nämlich über mehr Aufmerksamkeit für ihre Veedel freuen, wollen die anderen weiter gemütlich in ihrem „unterschätzten“ Stadtteil bleiben. Und erst kürzlich hat jemand bei uns auf Instagram kommentiert: Bitte nicht zu viel Schäl Sick posten! Tja, tut uns Leid, dafür ist eure Rheinseite wohl doch ein bisschen zu schön. Fest steht: Mit der Schäl Sick ist es vielleicht ein bisschen wie mit Köln selbst – nur wer wirklich dort wohnt, versteht, wieso es sich lohnt, die eigene Heimat so gern zu haben. Und unterschätzte Veedel, die gibt es wohl auch auf der linken Seite. Aber psst – nicht weitersagen!

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