Köln-Kolumne: Köln ist wirklich die nördlichste Stadt Italiens

© Christin Otto

Wir lieben Köln. Genau darum gehen wir permanent auf Entdeckungstour und teilen jede Woche unsere besten Tipps mit euch. Dabei stoßen wir nicht nur auf spannende Orte, sondern auch auf Gefühle, Stimmungen und Meinungen, die wir zwar mitbekommen, aber nirgends regelmäßig festhalten. Diese Kolumne ist der Platz, an dem unsere Kölner Redaktionsleiterin Christin ihre Gedanken zu Köln und dem, was ihr in der Stadt begegnet ist, teilt. Heute: Köln ist wirklich die nördlichste Stadt Italiens

Die nördlichste Stadt Italiens zu sein – das schreibt man sich in Deutschland gerne auf die Fahne. Regensburg tut es, München tut es und Köln tut es auch. Wir Kölner*innen wissen natürlich: Verdient hat diesen Titel vor allem eine der drei genannten – und das ist Bella Colonia!

Weil es bei Italien eben nicht nur darum geht, wie die Eisverkäufer*innen die Gelato in den Becher streichen, ob man den Espresso im Stehen trinkt und wie viele imposante historische Gebäude und italienische Restaurants eine Stadt zählt.

Es geht vor allem um eines: die Menschen und das Lebensgefühl. Und sorry liebe Bayer*innen, da mögt ihr Italien rein geografisch zwar bedeutend näher sein, aber den italienischen Spirit – den haben nun mal wir Kölner*innen perfektioniert.

Die Kölner*innen machen es einem leicht, sich hier wohlzufühlen.

Nirgendwo sonst ist es so einfach, mit Menschen ins Gespräch zu kommen. Das fängt bei der Kassiererin und dem Köbes an und hört mit den vielen Bekanntschaften, die man während einer wilden Partynacht machen kann, längst noch nicht auf.

Die Kölner*innen machen es einem leicht, sich hier wohlzufühlen – weil sie Fremde (in der Regel) mit offenen Armen empfangen. Und wird dann doch mal kurz über Zugezogene geschimpft, dann geht es meist gar nicht um die Zugezogenen selbst, sondern um steigende Mieten und Gentrifizierung.

Doch es ist längst nicht nur die offene Art, die die Kölner*innen mit den Italiener*innen teilen – es ist auch die Fähigkeit, das Dolce Vita zu zelebrieren.

Doch es ist längst nicht nur die offene Art, die die Kölner*innen mit den Italiener*innen teilen – es ist auch die Fähigkeit, das Dolce Vita zu zelebrieren. Das zeigt sich gerade jetzt. Denn spätestens, wenn das Thermometer an der 25-Grad-Marke kratzt, verlegen auch die Kölner*innen das Leben nach draußen.

Terrassen platzen aus allen Nähten, überall funkeln orangene Aperol-Spritz-Gläser, Parks und Grünflächen füllen sich mit Picknickdecken, Mäuerchen und Plätze werden in Outdoor-Treffpunkte umfunktioniert, rüstige Rentner*innen verabreden sich zum Boulespielen und vor den Eisdielen bilden sich lange Schlangen. Und dass wir uns für all das mit einer gehörigen Portion Lokalpatriotismus auch noch ordentlich selbst abfeiern – ja, selbst das ist irgendwie italienisch.

Es drängt sich der Eindruck auf, dass die Kölner dazu neigen, Regeln nicht ernst zu nehmen. Das hat eine angenehme Seite: die undeutsche Lässigkeit, um die die Stadt von vielen beneidet wird.
Die Welt

Auch der Kölner Politik wurden in der Vergangenheit immer wieder italienische Verhältnisse unterstellt – nur dass man das hier eben nicht "Mafia", sondern "Kölner Klüngel" nennt. "Man kennt sich, man hilft sich" – so läuft das hier und wohl auch jenseits des Brenners.

Baupfusch und mediterrane Pünktlichkeit? Können wir! Kaum ein Bauprojekt, das ohne Verspätung und Kostenexplosion ins Land zieht. Da wackelt der Dom, das Stadtarchiv stürzt ein, die Oper wird nur teurer, aber nicht fertig und der Musical Dome ist längst von der Übergangs- zur Dauerlösung mutiert.

Da passt es wohl, dass die Welt einst zu folgendem Urteil über Kölns Politik kam: "Es drängt sich der Eindruck auf, dass die Kölner dazu neigen, Regeln nicht ernst zu nehmen. Das hat eine angenehme Seite: die undeutsche Lässigkeit, um die die Stadt von vielen beneidet wird. Und eine unangenehme: Man wurschtelt sich durch nach dem Motto 'Et hätt noch immer jot jejange'. Meistens geht's ja auch gut, aber manchmal eben doch nicht."

Ja, Köln ist tatsächlich die nördlichste Stadt Italiens – im Positiven wie im Negativen.

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