Köln-Kolumne: Warum so veedelsfaul? Wir sind doch hier nicht in Berlin!
Wir lieben Köln. Genau darum gehen wir permanent auf Entdeckungstour und teilen jede Woche unsere besten Tipps mit euch. Dabei stoßen wir nicht nur auf spannende Orte, sondern auch auf Gefühle, Stimmungen und Meinungen, die wir zwar mitbekommen, aber nirgends regelmäßig festhalten. Diese Kolumne ist der Platz, an dem unsere Redaktionsleiterin Christin ihre Gedanken zu Köln und dem, was ihr in der Stadt begegnet, teilt. Heute: Warum so veedelsfaul? Wir sind doch hier nicht in Berlin!
Die Menschen in Köln haben mit denen in Berlin wenig gemein: Während die Kölner*innen für ihre offene und freundliche Art bekannt sind, wird man in Berlin schon morgens vom Busfahrer angeranzt. Während der Köbes bei uns das Kölsch von ganz alleine bringt, darf man sich in Berlin glücklich schätzen, wenn man überhaupt bedient wird. Berlin ist hip und international, Köln ein großes Dorf. Die Kölner*innen lieben Karneval, in Berlin verkleidet man sich allenfalls fürs Berghain. Soweit das Klischee.
Eines verbindet die Menschen in beiden Städten dann aber doch: Sie bleiben am liebsten in ihrem Kiez – oder, wie man es bei uns nennt, in ihrem Veedel. Egal, ob ich nun Freund*innen in Köln oder doch mal welche in Berlin treffen will – es ist immer dasselbe: Alle Vorschläge, die mehr als 500 Meter Fußweg oder zehn Minuten Anreise beinhalten, rufen bei den meisten derart schwere Atmung hervor, dass man meinen könnte, allein der Gedanke verursache körperliche Schmerzen.
Alle wollen immer nur eins: in die Bar oder das Restaurant ums Eck. Bloß nicht das eigene Veedel verlassen! In einer Stadt wie Köln, die als 'Stadt der kurzen Wege' gilt, ist das vor allem eines: ziemlich bescheuert.
Alle wollen immer nur eins: in die Bar oder das Restaurant ums Eck. Bloß nicht das eigene Veedel verlassen! In Berlin mag das vielleicht noch nachvollziehbar sein – schließlich ist die Hauptstadt im Vergleich zu Köln flächenmäßig mehr als doppelt so groß. Doch in einer Stadt wie Köln, die als "Stadt der kurzen Wege" gilt, ist das vor allem eines: ziemlich bescheuert.
Das Schlimmste: Eine dieser Bescheuerten bin ich. Machmal zumindest. Denn während ich tagsüber – schon wegen meines Jobs – kreuz und quer durch die Stadt düse, bin ich abends froh, wenn ich nach dem Sundwoner oder Dinner mit Freund*innen direkt auf die Couch fallen kann. Verabredungen beginnen bei mir darum nicht selten mit dem Satz "Lass gerne was in Ehrenfeld machen".
Rein theoretisch bringt mich die KVB problemlos dorthin, praktisch fühlt sich das aber an wie eine Weltreise, für die ich erst mal ein Visum beantragen müsste.
Diese Veedelsfaulheit hat sogar so weit geführt, dass einer meiner Freunde nun schon seit Monaten vergeblich versucht, mich zum Essen einzuladen. Dass ich jedes Mal dankend ablehne, liegt dabei weder an besagtem Freund noch an dessen Kochkünsten, sondern vor allem daran, dass er in Hürth-Efferen wohnt. Rein theoretisch bringt mich die KVB zwar problemlos dorthin, praktisch fühlt sich das aber an wie eine Weltreise, für die ich erst mal ein Visum beantragen müsste.
Ähnlich geht es vielen Kölner*innen aus dem Linksrheinischen mit dem Rhein. Dieser tiefe wassergefüllte Graben, der nicht nur den Kölner Immobilienmarkt in "unbezahlbar" und "teuer" trennt, sondern auch eine Art psychologische Grenze zieht zwischen "geht gerade noch" und "zu weit weg".
Einfach mal in Kalk oder Mülheim Abendessen gehen, obwohl man selbst in Ehrenfeld oder der Südstadt wohnt? Machen die meisten erst, wenn sie genau wissen, dass es ziemlich unverschämt wäre, den Freund*innen von der Schäl Sick auch beim zehnten Treffen zu verklickern, dass schon wieder sie es sind, die die Rheinseite wechseln müssen.
Auch andere Veedel haben spannende Orte. Und die gilt es zu entdecken.
Dabei ist es kein Geheimnis, dass auch – oder gerade – die Schäl Sick viele tolle Ecken hat. Nirgends ist der Blick auf das Altstadt-Panorama schöner als auf den Poller Wiesen oder dem Rheinboulevard in Deutz. Nirgends ist die Wald-Auszeit im Königsforst näher als in Rath-Heumar. Nirgends findet man mehr türkische Restaurants und Geschäfte als auf der Keupstraße. Nirgends sitzt man idyllischer als im Wiesenhaus in Poll. Nirgends gibt es kultigere Koteletts als im Lommerzheim.
Die Liste ließe sich weiter fortsetzen – doch der Punkt ist längst gemacht: Auch andere Veedel haben spannende Orte. Und die gilt es zu entdecken. Also, liebe Kölner*innen: Warum so veedelsfaul? Wir sind doch hier nicht in Berlin!