Legalize It: Warum ich die Cannabis-Legalisierung befürworte und Köln die perfekte Modellstadt wäre

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Meine Erfahrungen mit Cannabis sind eigentlich nicht der Rede wert. Ich habe seit Ewigkeiten nicht mehr an einem Joint gezogen und habe auch nie regelmäßig konsumiert. Meine einzig erwähnenswerte Kiffer-Story liegt auch schon knapp sechs Jahre zurück: Im Oktober 2017 war ich bei den Rolling Stones in Düsseldorf. Stehplatz, natürlich, wie sich das für ein Rock'n'Roll-Konzert gehört. Neben mir ein älterer Herr, der wahrscheinlich sogar die Texte zu Stones-Songs kannte, die Mick Jagger schon längst vergessen hat. Vor mir zwei jüngere Hippie-Mädels mit ansteckend guter Laune.

Nach etwa einer Handvoll Songs zog mir dann der Geruch von Cannabis in die Nase – die Mädels hatten sich einen Joint angezündet. Sehr zur Begeisterung des Herrn neben mir, der den beiden nur anerkennend zunickte. Schnell machte der Joint in unserer kleinen Innenraum-Enklave die Runde und der leichte Rausch gepaart mit der großartigen Performance der Rock-Opas auf der Bühne sorgte prompt für ein Gefühl aus längst vergessenen Tagen. Ich, Jahrgang 1990, fühlte mich ein wenig in die 70er-Jahre zurückversetzt.

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Damals wie heute war das Kiffen illegal. In der Praxis wird der Kleinstkonsum zwar strafrechtlich nur sehr selten verfolgt, aber in der Theorie haben wir an diesem Abend im Düsseldorfer Fußballstadion eine Straftat begangen. Schon damals habe ich mich gefragt: Warum eigentlich? Alkohol macht die Leute doch viel bekloppter als so ein kleiner Joint? Das mag zwar stimmen, aber mit den schwerwiegenden Folgen von unkontrolliertem Alkoholkonsum für die Legalisierung von Cannabis zu argumentieren, hat was von Whataboutism.

Nichts desto trotz bin ich für die Legalisierung – und das aus mehreren Gründen. Natürlich darf man die Wirkung und möglichen Folgen von regelmäßigem Cannabis-Konsum nicht marginalisieren – Stichwort: Psychosen –, aber in meinen Augen ist eine kontrollierte Abgabe von Weed dem illegalen Schwarzmarkt vorzuziehen. Schließlich wird die Drogenkriminalität so eingedämmt, was auch bei Polizei und Staatsanwaltschaft für wohlverdiente Entlastung sorgt.

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Zudem wird durch einen legalen Verkauf sichergestellt, dass Kiffer*innen nicht an gestreckten Stoff geraten. Wenn das Gras mit Oregano angereichert wird, ist das zwar harmlos, aber nicht alle freundlichen Drogendealer*innen aus der Nachbarschaft setzen auf Gewürze, um ihre Gewinnspanne zu maximieren. Und andere Stoffe können schnell ein enormes Gesundheitsrisiko für Konsument*innen darstellen.

Außerdem könnte durch eine Legalisierung der Zugang für Jugendliche erschwert werden – denn in den Shops soll, anders als bei den Dealer*innen um die Ecke, natürlich streng auf das Alter der Käufer*innen geachtet werden. Wenn die Dealer*innen durch die Legalisierung also weniger werden, dann haben es junge Menschen auch nicht mehr so leicht, an Cannabis zu kommen. Nicht zu vergessen, dass viele Dealer*innen auch andere Stoffe im Portfolio haben – der Weg von Gras zu Koks ist so im Zweifel ziemlich kurz.

Köln als Modellstadt für die Cannabis-Legalisierung?

Fakt ist: Die Bundesregierung um Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat die Legalisierung inzwischen auf den Weg gebracht. Die Regierung plant ein Zwei-Säulen-Modell, im ersten Schritt sollen der Besitz und Anbau entkriminalisiert und so genannte "Cannabis-Clubs" ins Leben gerufen werden. Im zweiten Schritt soll später in Modellstädten der kommerzielle und staatlich kontrollierte Verkauf von Cannabis in lizensierten Shops folgen. Eine Übersicht über das Modell findet ihr bei den Kolleg*innen des WDR.

Die Droge einfach auf den Markt schmeißen – bitte nicht!

Eine klare Reglementierung für den legalen Verkauf von Cannabis ist in meinen Augen absolut unerlässlich. Die Droge einfach auf den Markt schmeißen – bitte nicht! Daher finde ich die Ansätze der Bundesregierung gut und denke zugleich, dass Köln eine geeignete Modellstadt für die zweite Säule des Legalisierungs-Plans wäre – auch, wenn mir der mögliche Kiffer*innen-Tourismus, mit dem sich Amsterdam seit Jahren herumschlägt, durchaus Kopfschmerzen bereitet.

Köln hat eine gute Infrastruktur, eine liberale Stadtgesellschaft, das größte Gesundheitsamt in Deutschland und seit Kurzem ein von der Stadt beschlossenes umfassendes Drogenhilfekonzept – auch, wenn es da noch Anlaufschwierigkeiten gibt. Kein Wunder also, dass sich die Fraktionen von SPD und Volt im Stadtrat für eine Bewerbung als Modellstadt stark machen. Die Voraussetzungen sind nämlich gegeben. Und einen Versuch ist es meiner Meinung nach wert!

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