Der Dom – hässlich und teuer!

© Dominik Kuhn | Tessniem Kadiri

In ihrer Kolumne "Köln, was geht?" schreibt Tessniem über das, was ihr in ihrer Wahlheimat Köln begegnet, was sie bewegt, zum Lachen, aber vielleicht auch zum Weinen oder Nachdenken bringt. Hier am Rhein fühlt sich die gebürtige Pott-Deutsche angekommen, denn sie hat sich in die "Köllefornia Vibes" verliebt. Ihr habt Rückmeldungen, Fragen, Feedback oder Liebesbriefe für Tessniem? Dann schreibt ihr einfach!

Meine erste Begegnung mit dem Kölner Dom fand ich einfach nur krass! Das war während meiner Schulzeit in Duisburg, als wir einen Klassenausflug nach Köln gemacht haben. Damals wirkte selbst der Kölner Hauptbahnhof wahnsinnig beeindruckend auf mich – wer Duisburg und den Hauptbahnhof dort kennt, weiß aber wahrscheinlich auch, dass meine Standards einfach sehr low waren.

Auf der Domplatte angekommen, war ich komplett sprachlos. Mir hätte es vollkommen gereicht, wenn sich der gesamte Ausflug auf die Domplatte beschränkt hätte. Weil alles, was rund um diese riesige Kirche passierte, Entertainment genug für mich war. Und genau das macht den Dom für mich bis heute aus: diese spezielle Atmosphäre samt all der interessanten bis seltsamen Gestalten, die sich hier tummeln.

Naja, so krass schön ist der Dom jetzt nicht.

Inzwischen laufe ich als Wahl-Kölnerin häufiger am Dom vorbei oder sehe ihn aus den WG-Fenstern meiner Freundinnen, die pro Monat 300 Euro Miete on top für den sogenannten "Dom-Blick" bezahlen. Ganz so besonders ist der Anblick für mich mittlerweile aber nicht mehr. Das könnte natürlich auch daran liegen, dass ich die Welt ein bisschen bereist und mehr gesehen habe. Genau darum muss ich heute sagen: Naja, so krass schön ist der Kölner Dom jetzt nicht.

Eines ist er hingegen ganz sicher: wahnsinnig teuer. Wusstet ihr, dass das kölsche Wahrzeichen jährlich zwölf Millionen Euro verschlingt? Die Instandhaltung ist mit ungefähr 33.000 Euro pro Tag also teuerer als die Dauersanierung von Zac Efron’s Gesicht – eine starke Leistung.

Ich fühle einfach nichts, wenn ich den Dom sehe.

Aber Spaß beiseite: Das ist schon eine ziemlich heftige Summe. Doch das scheint den Kölnern und Kölnerinnen egal zu sein. Warum das so ist, habe ich natürlich mitbekommen: Der Kölner Dom ist für viele mit "Heimatjeföhl" verbunden. Wenn man länger weg war und den Dom sieht, stellt sich das Gefühl ein, endlich wieder da zu sein, wo man hingehört. So haben es mir zumindest meine Freundinnen erklärt, die in Köln geboren sind.

Das Ding ist: Mit solchen Gefühlen kann ich als Zugezogene nicht wirklich relaten. Im Gegensatz zu einigen Touris, die den Dom auf Google als "Dorfkappelle" oder "graues Monster" beleidigen und sich zumindest aufregen können, fühle ich einfach nichts, wenn ich den Dom sehe. Darum will es mir auch nicht in den Kopf, dass für dieses Gebäude so unfassbar viel Geld ausgegeben wird.

Köln-Besucher*innen würden hier ankommen und es gäbe nichts mehr zu fotografieren.

Aber – und jetzt kommt der große Einwand, also fallt bitte (noch) nicht in meinen DMs mit Schimpftiraden über mich her – ich kann mir auch nicht vorstellen, was Köln ohne den Dom wäre. Mal abgesehen davon, dass einige Vermieter*innen sich neue Gründe für absurde Mietsummen überlegen müssten, ist der größte Skandal doch: Köln-Besucher*innen würden hier ankommen und es gäbe nichts mehr zu fotografieren. Wo würden all die Menschen, die gerade am Hauptbahnhof gelandet sind und ihren Insta-Follower*innen zeigen wollen, dass sie in Köln sind, denn posieren? Vorm Galestro oder dem Taxi-Stand?

Deswegen lautet mein Fazit: Ja, der Kölner Dom ist hässlich und scheißteuer, aber Köln ohne ihn eben auch irgendwie unvorstellbar.

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