Das Köln ABC: Z wie Zülpi

© Nicola Dreksler

Köln ist wunderbar – und manchmal auch ein bisschen nervig. Wir lieben den Rhein, Karneval, Kölsch und unser Herz schlägt höher, wenn wir den Dom sehen. Wenn genau diese Sachen dich an Köln verzaubern und du gleichzeitig über die KVB fluchst und dich der Stau auf den Ringen zur Weißglut treibt, bist du hier genau richtig. In unserem Köln-ABC gibt es Köln von A bis Z, von vorne bis hinten und mit allem, was dazu gehört – egal, ob wir es nun gerade feiern oder verfluchen.

Lieb’s oder lass es – das stünde wohl in einer sehr kurzen Gebrauchsanweisung, die man Neu-Kölner*innen vor dem ersten Besuch der Zülpicher Straße in die Hand drücken könnte. Eine Prise Ballermann, ein Hauch von traditioneller Kneipenkultur, eine ordentliche Ladung Shisha und Döner und jede Menge trinkwütige Jecken machen die Zülpicher Straße – in Not-Social-Distancing-Zeiten – zum Party-Hotspot eines jeden Wochenendes. 

Der ganz normale Zülpi-Wahnsinn

Auch wenn sich am Freitagabend gefühlt ganz Köln auf der Zülpi tummelt, man nirgendwo einen Platz an der Bar findet und hoffentlich nicht auf die Idee kommt, sein Fahrrad den Bürgersteig entlang schieben zu wollen: Während die einen die Zülpi offensichtlich lieben, fallen den anderen beim Verdrehen der Augen fast die Selbigen aus dem Kopf.

Denn wenn sie sich vorstellen, wie gerade der nächste Blitzkrieg über die Shorty-Theke geschoben wird, wie die schiefsten Töne aus den Museums-Karaokeboxen tönen oder wie vor dem Späti am Zülpicher Platz jedes Wochenende so viel los ist, als wäre Karneval – dann wollen sie einfach nur die Flucht ergreifen, ins hippe Ehrenfeld oder ins schicke Belgische Viertel. Ihr habt übrigens richtig gelesen: Eins der meistfrequentierten Büdchen in Köln hört auf den Namen Späti. Fragt nicht, haben wir auch noch nie verstanden! 

Ist die Zülpi noch das, was sie einmal war – oder bin ich einfach nur alt geworden?

Wer seine Studententage gerne auf der Zülpi verbracht hat – und mittlerweile aus dem Studentenalter raus ist – fragt sich zwangsläufig: Ist die Zülpi noch das, was sie einmal war – oder bin ich einfach nur alt geworden? Denn abgesehen davon, dass die Straße bei jedem Besuch voller, lauter und betrunkener wird, hat sich auch sonst in letzter Zeit so einiges getan.

Kneipen wichen für Shisha Bars, Döner bekommt man mittlerweile genauso oft wie Kölsch und auch die meisten kulinarischen Neueröffnungen – außer natürlich das Tsukiji – taugen nicht wirklich zum neuen Lieblingsspot.  Das Umbruch und somit der beste Mexikaner der Stadt sind seit ein paar Monaten Geschichte und so wird es die kölschdurstigen Kölner*innen wohl bald nur noch in den sowieso schon überfüllten Stiefel ziehen.

Wer die Kneipenkultur trotzdem vermisst, kann im Kwartier Latäng glücklicherweise noch ausweichen: zum ZwoEins, zum Roten Platz, zum Black Sheep, zur Tankstelle – und ins Rosebud, für richtig gute Drinks. Noch ein paar Meter weiter wartet das Stereo Wonderland, Blue Shell, Schmelztiegel und Acephale. Dort ertragen es sogar die augenrollenden Zülpiverweiger*innen.

© Carolin Franz

Alles hat seine Zeit – und vielleicht ist auf der Zülpicher Zeit für Veränderung. Was fehlt: die wirklich neuen Konzepte, überraschende Läden, vielleicht ein gemütliches Café oder eine wirklich hippe Bar. Vielleicht sind solche Veränderungen auf der Zülpicher aber auch ganz egal – denn am liebsten wird das Kölsch dort sowieso direkt vorm Büdchen getrunken. Oder eben am Mäuerchen – das entgegen aller physikalischer Gesetze auch nach Jahren der Belagerung noch nicht gefallen ist. 

Seit Corona ist natürlich alles anders: Das merkt man an der Zülpicher Straße wohl am allermeisten. Nach Monaten der Partyabstinenz wird vielleicht auch der*die altegewordene Ex-Zülpigänger*in der Straße mal wieder eine Chance geben und sich in jugendlichem Leichtsinn verlieren. Ob man nun die Zülpi liebt oder nur schweren Herzens erträgt – wir hoffen, dass alle Kneipen bald wieder öffnen können, wir die Clubs schon aus der Ferne hören, die Straßen endlich wieder voll sind und die Bierregale in den Büdchen wieder leer. 

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