Token sein oder nicht sein – das ist hier die Frage!

© Nicole Schweiß

In einer Welt, die zunehmend von Vielfalt und kultureller Mischung geprägt ist, sollten Diskriminierung und Vorurteile längst der Vergangenheit angehören. Doch die Realität zeigt oft ein anderes Bild. Erdal schreibt in seiner Kolumne "Mein Senf" über Alltagsrassismus, Diskriminierungserfahrungen, Antirassismus und aktuelle Geschehnisse im Leben eines PoCs (Person of Color). In "Mein Senf" beleuchtet er die anhaltende Herausforderung des Alltagsrassismus und wie wir als Gesellschaft aktiv zu einer inklusiveren Zukunft beitragen können. Ihr wollt eure Erfahrungen mit Erdal teilen? Dann schreibt ihm einfach!

Warum sehe ich in letzter Zeit überall Tokens? Ob nun in Serien bekannter Streamingdienste oder auf Werbeplakaten seriöser Konzerne – mir wird eine Gesellschaft gezeigt, die vielfältig und multikulturell ist. Obwohl weiße Männer und Frauen, vor allem aber weiße Männer, in der Politik dies nach wie vor oft nur mit zittriger Stimme zugeben, ist es inzwischen eine Tatsache: Deutschland ist ein Einwanderungsland. Punkt. Jetzt ist es endlich raus! Überraschung!

Dann ist es wohl nicht verwunderlich, dass in Deutschland inzwischen überall mit Diversität geworben wird. Und für mich sollte es eigentlich so gar kein Problem sein, in Filmen und Serien ständig diverse Menschen zu sehen. Im Gegenteil, diese Sichtbarkeit marginalisierter Personen – also von Menschen wie mir – sollte mir eigentlich besonders gefallen. Ich sollte dies feiern und froh darüber sein. Tue ich aber nicht!

Schon mal was von Tokenism gehört?

Darf ich vorstellen: Ich heiße Erdal und ich bin euer perfekter Token! Eine PoC (Person of Color), Akademiker – egal welcher – und dazu noch fotogen, zumindest behaupten das alle anderen. Benutzt mich ruhig wie eine Requisite und reduziert mich am besten auf meine stereotypischen Eigenschaften, um nach außen das Bild einer inklusiven Gesellschaft zu vermitteln, anstatt echte Vielfalt zu repräsentieren.

Obwohl Diversität und Multikulturalismus in Medien und Werbung zweifellos ein wichtiger Schritt in Richtung soziale Weiterentwicklung und Gleichstellung sind, werdet ihr damit leider keine tatsächliche Veränderung bewirken. Wenn euch Chancengleichheit, der Abbau von Vorurteilen und strukturellem Rassismus jedoch wirklich wichtig sind, dann Lauscher gespitzt!

Die Magie der ernstgemeinten Repräsentation

Stellt einfach Menschen aus allen erdenklichen Ecken ein, insbesondere marginalisierte Menschen, die sonst übersehen und unterschätzt werden! Gewährt ihnen großzügig die Gelegenheit, sich im Unternehmen zu etablieren und aufzusteigen. Und ja, vergesst dabei nicht, ihre Diskriminierungserfahrungen wirklich ernstzunehmen, während ihr gleichzeitig anerkennt, dass sie keine bloßen Nummern auf einer Liste sind, sondern individuelle Wesen mit eigenen Geschichten, eigenen Bedürfnissen und guten professionellen Referenzen. Einfach magisch, nicht wahr?

Auch ihr müsst jetzt stark sein und dieses Unbehagen eine Weile ertragen.

Leider gibt es auch eine weniger erfreuliche Nachricht: Aller Anfang ist schwer, und viele marginalisierte Menschen könnten trotzdem das Gefühl haben, "tokenisiert" zu werden. Ähnlich wie ein Token oft auf stereotype Eigenschaften reduziert wird und sich deshalb unwohl fühlt, müsst auch ihr jetzt stark sein und dieses Unbehagen eine Weile ertragen. Auch für uns ist es eine neue Erfahrung und ein neues Gefühl, endlich ernstgenommen zu werden.

Also, calm down – und lasst euch nicht von der Vorstellung abschrecken, dass Diversität nur als Marketingstrategie oder Trend betrachtet wird, denn es ist vielmehr integraler Bestandteil einer gerechten und inklusiven Gesellschaft.

Euer Token…ähhmm ich meine Erdal

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