Good Mood Records – James Deans liebster Plattenladen in Köln
Vermutlich jeder Fan von Quentin Tarantino erinnert sich an das „Jack Rabbit Slim‘s“: In das Restaurant im 60er-Jahre Stil führt John Travolta Uma Thurman im Film „Pulp Fiction“ aus. Ein Elvis Presley-Imitator bedient die beiden und sämtliche Gäste sitzen zum Essen in Oldtimern aus dieser Zeit. Am Ende geht es schließlich auf die Tanzfläche und der DJ legt Chuck Berrys „You never can tell“ von 1964 auf den Plattenspieler.
Nur mal angenommen, Tarantino hätte Köln statt Los Angeles als Handlungsort seines Gangsterdramas gewählt. Vermutlich wären Thurman und Travolta statt im „Jack Rabbit Slim‘s“ im Schallplattenladen „Good Mood Records“ auf der Bachemer Straße gelandet.
2017 hat Besitzer Michele Sander „Good Mood Records“ eröffnet, damals noch am alten Standort im Belgischen Viertel. Im März 2020 ist Sander mit seinem Geschäft auf die Bachemer Straße umgezogen. Der Schallplattenladen führt auf zwei Stockwerken fast ausschließlich Musik aus den 50er bis 80er-Jahren.
Außerdem ist das Ladenlokal komplett im Stil dieser Zeit eingerichtet, Sander fährt als Dienstwagen einen alten Ford Fairlane von 1963 mit dem „Good Mood Records“-Logo darauf. „Es muss einfach alles zusammenpassen, sogar in der Garage. Und die Kund*innen spüren, dass das alles mit Liebe gemacht ist“, sagt Sander. Auch wenn der Schwerpunkt seines Geschäfts die Schallplatten sind, verkauft der 52-Jährige inzwischen auch Kleinmöbel und andere Gegenstände aus dieser Zeit in seinem Geschäft.
Für mich ist es wichtig, jeden Tag Platten in der Hand zu haben und aufzulegen. Ich kann nicht ohne.
Einen musikalischen Schwerpunkt hat der Plattenladen nicht. Die vertretenen Genres gehen von Jazz, Blues und Soul bis zu Rock ´n´ Roll und Country. Laut Michele Sander alles ungefähr gleich stark vertreten. Viel wichtiger ist die Zeit, in der die Platten erschienen sind. Die LPs stammen gleichermaßen verteilt aus den 50er bis 80er-Jahren. Bei den Singles liegt der Schwerpunkt auf Musik aus den 60er-Jahren.
„Seitdem ich mich erinnern kann, stehe ich auf die 50er- und 60er-Jahre“, sagt Sander. Alles aus dieser Zeit faszinierte ihn: die Mode, die Möbel, die Autos und vor allem die Musik. „Ich erinnere mich, wie ich als kleiner Junge im Kinderzimmer auf dem Boden gelegen und die alten Platten gehört habe, die zuhause rumflogen. Und das war eben Musik aus dieser Zeit. Bereits damals habe er täglich seine Schallplatten aufgelegt. „Für mich ist es wichtig, jeden Tag Platten in der Hand zu haben und aufzulegen. Ich kann nicht ohne.“
An Schallplattenläden habe ihn schon immer das Suchen, Stöbern und Finden fasziniert. „Es ist einfach ein bisschen Abenteuer. Jeder Plattenladen ist anders und diese Vielfalt fasziniert mich.“ Über die Jahre habe er viele schöne und interessante Plattenläden besucht. „Aber irgendwie sahen die nie so aus, wie ich mir meinen Laden vorgestellt hätte.“ Irgendetwas habe er immer gefunden, was er anders gemacht hätte oder ihm nicht gefallen hat.
So formte sich über Jahre die Vorstellung, was Sanders eigenen Plattenladen ausmachen soll. „Mir ist besonders wichtig, dass jeder Kunde mit einem Lächeln und guter Laune hier wieder rausgeht. Egal, ob er was gekauft hat oder nicht. Das ist für mich das Wichtigste.“ Daher auch der Name „Good Mood Records“. Kund*innen sollen sich nicht als Störfaktor fühlen, wenn sie einfach mal stöbern, in eine Platte reinhören oder sich unterhalten möchten. „So wie ich mir das wünsche als Kunde. Ich kaufe ja auch nicht in jedem Laden etwas, sondern möchte manchmal einfach nur stöbern.“
Viel Wert legt er außerdem auf die Qualität seiner Ware: „Ich kaufe auch seltene Platten nicht, wenn sie in schlechtem Zustand sind oder das Cover beschädigt.“ Die besonderen Schätze seiner Sammlung finden sich im Obergeschoss seines Geschäftes auf einem großen Tisch, während im Untergeschoss vor allem reduzierte Platten und Angebote zu finden sind. Das fängt an mit ein Euro-Singles oder drei LPs für zehn Euro. Der Ankaufspreis spielt dabei nicht unbedingt eine Rolle. Wenn er eine schöne Platte mit einem tollen Cover in gutem Zustand findet, landet sie im Obergeschoss. „Wir können hier den ganzen Tag Musik hören und in der Regel tun wir das auch.“
Mein jüngster Kunde war erst acht Jahre alt. Der kam hier rein mit seiner Mutter und wusste schon ganz genau, nach welcher Platte er sucht.
Auf die vielen Singles in seinem Geschäft ist Sander besonders stolz. Er vermutet, dass in Köln und Umgebung kein anderer Plattenladen so viele anbietet. Ein DJ aus Wien kommt sogar extra zweimal pro Jahr zu Besuch wegen der großen Singles-Auswahl in Sanders Laden.
Auf Online-Handel verzichtet Sander komplett. „Auch die teuren Sachen gibt es nur bei mir im Laden. In den 50er- und 60er-Jahren gab es das ja auch nicht. Ich will, dass die Leute in meinen Laden kommen und stöbern.“ Besonders freut sich Sander über jüngere Kund*innen, die eine Leidenschaft für Schallplatten haben oder sie gerade entdecken: „Mein jüngster Kunde war erst acht Jahre alt. Der kam hier rein mit seiner Mutter und wusste schon ganz genau, nach welcher Platte er sucht.“
Der gelernte Maler und Lackierer ist viel herumgekommen, bevor er sich 2017 mit der Eröffnung von „Good Mood Records“ einen Traum erfüllte. „Damals bin ich 50 geworden und habe mir gesagt: Wenn du es jetzt nicht machst, machst du es nie mehr.“ Am alten Standort hatte er den Laden Donnerstag bis Samstag geöffnet, Montag bis Mittwoch arbeitete Sander in einem Möbelgeschäft.
An der Bachemer Straße hat der Plattenladen nun die ganze Woche geöffnet, Sander hat seinen Nebenjob vor einigen Wochen gekündigt. Er sei ein Bauchmensch und sein Bauchgefühl sage ihm, dass es so funktionieren werde. „Und wenn nicht, wäre ich zwar traurig, aber es wäre okay. Für mich ist es wichtig, dass ich am Schluss sagen kann: Ich habe es versucht und es war toll.“
Good Mood Records | Bachemer Str. 170, 50935 Köln | Dienstag–Freitag 12–18 Uhr, Samstag: 11–16 Uhr oder nach Vereinbarung | Mehr Info