Das Köln ABC: R wie Ringe
Köln ist wunderbar – und manchmal auch ein bisschen nervig. Wir lieben den Rhein, Karneval, Kölsch und unser Herz schlägt höher, wenn wir den Dom sehen. Wenn genau diese Sachen dich an Köln verzaubern und du gleichzeitig über die KVB fluchst und dich der Stau auf den Ringen zur Weißglut treibt, bist du hier genau richtig. In unserem Köln-ABC gibt es Köln von A bis Z, von vorne bis hinten und mit allem, was dazu gehört – egal, ob wir es nun gerade feiern oder verfluchen.
Schon wenn man das Wort „Ringe“ in Köln nur ausspricht, zeigt sich im Gesicht vieler Kölner*innen, was sie von den Ringen halten. Für die einen: Absoluter Stammplatz am Wochenende, Party, Spaß, Freunde treffen, sehen und gesehen werden. Für die anderen: Ein Ort, für den man einen großen Umweg in Kauf nimmt, um bloß nicht freitagabends an ihm vorbeizukommen. Es scheint nur zwei Möglichkeiten zu geben: love it or hate it. Aber wieso ist das so?
Die Ringe – love it or hate it
Klar, es ist schon nachzuvollziehen, dass die Ringe für viele nicht besonders attraktiv sind – überall sind Besoffene, in Jeans und T-Shirt fühlt man sich hier nicht underdressed, sondern eher wie ein Alien und es kommt nicht selten vor, dass man auf der Straße dumm angemacht wird. Wer keinen Bock auf (so eine) Party hat und eben nur kurz über die Ringe muss, der weiß schon genau, wieso die Parallelstraßen gerade so verlockend aussehen.
Die einen fühlen sich hier wohl, die anderen könnten keine zehn Pferde auf die Ringe ziehen – über einen Fakt müssten sich aber wohl die meisten Kölner*innen einig sein: Die Ringe sind eine ziemlich homogene Masse. Eine homogene Masse an Leuten – zumindest soweit man das von außen beurteilen kann – und vor allem eine homogene Masse an ähnlichen Clubs, Shisha-Bars, hier und da mal ein Burger-Laden. Wirklich verlockend ist hier nichts – wenn man nicht das, was schon da ist, sowieso am liebsten hat.
Dass das Publikum auf den Ringen recht homogen ist, liegt aber nicht nur an ähnlichen Interessen. Wenn man sich mal genauer überlegt, wo diese Homogentität herkommt – oder den Gastbeitrag von Erdal auf unserer Seite liest – wird klar, dass viele der jungen Leute auf den Ringen sich deshalb dort versammeln, weil sie in anderen Straßen und an anderen Türen Kölns einfach nicht erwünscht sind. Spätestens mit diesem Gedanken konfrontiert, sollte man sich wohl nicht länger nur über die Ringe abfucken, sondern auch über so einige andere Orte in der Stadt.
Ohne es zu merken, rutschen wir so immer etwas tiefer in die eigene Bubble, trinken im immer gleichen Laden unseren Kaffee zwischen den immer gleichen Leuten mit den immer gleichen Schuhen.
Weil „Sich einfach nur über alles abfucken“ nicht so das Ding von vergnügten Leuten ist, suchen wir an dieser Stelle aber mal die konstruktive Kritik: Und die Homogenität auf den Ringen – egal, ob man die Ringe mag oder nicht – ist schon ein bisschen langweilig. Es gibt nichts, was auf die Ringe lockt, weil alles auf den Ringen schon zehnmal nebenan genauso steht. Es gibt ja auch wenig, was auf die Zülpicher lockt, wenn der Abend in fast jeder Bar so identisch abläuft, wie er es schon immer gewesen ist. Deshalb geht auf die Zülpicher, wer genau diesen Zülpicher-Abend sucht, auf die Ringe, wer die Ringe-Experience will und auch im Belgischen oder in Ehrenfeld weiß man schon vorher ziemlich genau, worauf man sich einlässt.
Unumgänglich ist das wohl in keiner Großstadt: Schließlich bilden sich Szenen, Interessensgemeinschaften, man wohnt und lebt gerne da, wo man auch irgendwie reinpasst. Ohne es zu merken, rutschen wir so immer etwas tiefer in die eigene Bubble, trinken im immer gleichen Laden unseren Kaffee zwischen den immer gleichen Leuten mit den immer gleichen Schuhen.
Ein bisschen Diversität wäre spannend – aber solange auf den Ringen, auf der Zülpicher oder mitten im Belgischen kein Ort entsteht, der diese Diversität anlockt, bleibt wohl erstmal alles, wie es ist. Vielleicht ist das auch okay so. Doch auch, wenn jede*r die eigenen Lieblings- und vielleicht auch Hassorte in der Stadt hat – in unserem liebsten Kölle sollte sich wenigstens jede*r an jedem Ort willkommen fühlen.