Das Köln ABC: M wie Mäuerchen
Köln ist wunderbar – und manchmal auch ein bisschen nervig. Wir lieben den Rhein, Karneval, Kölsch und unser Herz schlägt höher, wenn wir den Dom sehen. Wenn genau diese Sachen dich an Köln verzaubern und du gleichzeitig über die KVB fluchst und dich der Stau auf den Ringen zur Weißglut treibt, bist du hier genau richtig. In unserem Köln-ABC gibt es Köln von A bis Z, von vorne bis hinten und mit allem, was dazu gehört – egal, ob wir es nun gerade feiern oder verfluchen.
„Heute Abend, 20 Uhr, Mäuerchen, wer ist dabei?“ – Eine simple Frage aus dem Kölner Alltagsrepertoire sorgt bei frisch Zugezogenen oft für Verwirrung. Wo genau treffen wir uns? Watt für’n Ding? Na an der Dasselstraße! Noch kurioser wird es, wenn man die Verniedlichung weglässt und sich schlichtweg an der Mauer treffen will. Mauer? Wir sind hier doch nicht in Berlin!
Nein, unser Mäuerchen ist klein und harmlos, es soll Menschen verbinden und nicht trennen. Unser Mäuerchen lädt zum Kölschtrinken ein, unser Mäuerchen hat günstige, gebratene Nudeln und Falafel um die Ecke. Unser Mäuerchen hat keine Öffnungszeiten, es ist immer für uns da. Unser Mäuerchen ist das Auffangbecken für unzählige Studenten, die auf ihrem Heimweg von der Uni gar nicht daran vorbeikommen, sich am Mäuerchen niederzulassen.
Und: Unser Mäuerchen ist eigentlich überhaupt kein sinnvoller Ort, um sich zusammenzufinden, denn ständig will jemand mit dem Fahrrad durch oder wirft beim Versuch, sich vorbeizuquetschen fünf andere Fahrräder um. Unser Mäuerchen hat nie jemand hingestellt, damit wir uns draufsetzen – es war einfach da. Und wir haben uns draufgesetzt.
Damit ist es nicht der einzige Ort aus Beton, der uns Kölnern reicht, um einen lauen Sommerabend zu genießen. Man denke nur an das Mülheimer Mäuerchen mit schönstem Blick auf den Rhein – und gehen nicht selbst die kleinen Begrenzungen am Brüssler Platz als Mauern durch? Irgendwie ist es genau dort, wo man sich eigentlich gar nicht hinsetzen sollte, in Köln immer am allervollsten. Und am allerschönsten.
Aber was fasziniert uns an den grauen Flächen, die ein interessantes Muster am Oberschenkel zurücklassen, wenn man mit kurzer Hose auf ihnen sitzt? Die den eigenen Po auch mal abfrieren lassen, wenn man die Mäuerchen-Saison nicht mehr abwarten konnte und schon bei 10 Grad dort sein Kiosk-Bier schlürft? Chillen am Mäuerchen ist alles andere als Luxus – aber was ist es dann, was uns immer dort hinzieht?
Wahrscheinlich genau das – wir Kölner wollen nämlich gar keinen Luxus. Wir wollen einen Ort wie das Mäuerchen. Ein Ort, der auf den ersten Blick nicht besonders spektakulär aussieht, aber auf den zweiten Blick jede Menge Spaß verspricht. Ein Ort, der jedem zugänglich ist und nicht viel kostet – naja, bis auf den Biernachschub am Büdchen, aber irgendjemand holt schon die nächste Runde. Ein Ort, an dem wir mit Sicherheit in einer Stunde zehn Leuten über den Weg laufen, die wir schon ewig nicht mehr gesehen haben. Ein Ort, der für jeden zugänglich ist, denn jeder ist willkommen.
Die Faszination Mäuerchen ist also vielleicht so ähnlich wie die Faszination Köln: eine grau verpackte Wundertüte, die jeden erfreut, der sie nur einmal öffnet. Eine Faszination, die für Außenstehende nicht gleich verständlich ist, für uns Kölner aber unumstößlich. Hey Mäuerchen, du bes e Jeföhl.
In Zeiten von Corona eignet sich das Mäuerchen auch prima, um den Kiosk um die Ecke zu unterstützen und ein kühles Kölsch zu trinken. Aktuell gilt aber natürlich: Macht das am besten nur mit einer anderen Person, trefft euch nicht in Gruppen und haltet Abstand zu anderen.