Zu Besuch im Tierheim Zollstock: Zwischen Katzenkuscheln, Hundezwingern und Menschenhass

© Christin Otto

Tierpflegerin – das klingt nach einem Traumjob. Zumindest, wenn man Tiere so sehr liebt wie Elke. "Ich liebe wirklich jedes Tier", sagt sie. Elke ist stellvertretende Leiterin des Tierheims Zollstock, hauptverantwortlich für die Katzenpflege und seit fast zwei Jahrzehnten Teil des Teams.

Wir besuchen Elke, um einmal hinter die Kulissen des Tierheims im Kölner Süden zu blicken. Wir wollen wissen: Wie und warum landen die Tiere hier, wie sieht die Arbeit der Pfleger*innen aus und wie können Tier-Liebhaber*innen die chronisch überfüllten Heime supporten?

Am Südstadion angekommen, müssen wir nicht lange suchen, denn das Bellen der Hunde hört man schon aus der Ferne. Vor allem während der Öffnungszeiten, wenn auch Fremde Zutritt haben, lassen die Vierbeiner lautstark wissen, wer hier zu Hause ist.

Elke nimmt uns darum direkt mit an einen ruhigeren Ort. "Hier können wir etwas ungestörter quatschen", sagt sie. Wir finden uns in einem kleinen, muckelig-warmen Raum wieder, aus dessen Ecken schüchtern drei kleine Katzenbabys krabbeln. Das Gespräch muss jetzt warten, denn wir sind schockverliebt und wollen vor allem eines: erstmal kuscheln!

© Christin Otto
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"Wer gibt so zuckersüße Wesen ab", fragen wir Elke, die uns berichtet, dass es sich bei den kleinen Schmusetigern um Fundtiere handelt. "Sie waren gerade mal ein paar Tage alt, als sie zu uns gebracht wurden." Mit diesem Schicksal sind die putzigen Kätzchen nicht alleine. Rund 350 Tiere leben aktuell im Tierheim Zollstock – darunter etwa 50 Hunde, fast 100 Katzen, unterschiedlichste Kleintiere wie Hamster, Meerschweinchen, Kanarienvögel, Schildkröten und Geckos, aber auch Wildtiere wie Igel und Tauben.

Abgeschoben, ausgesetzt oder sichergestellt – die Gründe, warum Tiere in Zollstock landen, sind ganz unterschiedlich. Und doch gibt es wiederkehrende Muster, vor allem bei Hunden. Überforderung – sei es nun finanzielle, zeitliche oder erzieherische – ist eine der häufigsten Ursachen. Aber auch Allergien spielen eine große Rolle, berichtet Elke. Und es gibt noch einen weiteren Punkt: "Wir merken immer noch die Nachwirkungen von Corona. In dieser Zeit wollten viele einen Hund und merken nun, dass sie gar nicht die Kapazitäten für die Tiere haben."

Ich denke so oft: Ich hasse Menschen.

Elke weiß viele Geschichten zu erzählen, die uns kopfschüttelnd zurücklassen – von Menschen, die ihre Haustiere vor dem Sommerurlaub wie selbstverständlich abgeben wollen, weil es gerade eben nicht mehr passt; von Leuten, die völlig abgemagerte oder kranke (Fund-) Tiere erst dann vorbeibringen, wenn sie nicht mehr zu retten sind und von ehemaligen Besitzer*innen, denen die Tiere entzogen wurden, die dann nachts ins Tierheim einbrechen oder mit einer Waffe auftauchen, um sie sich zurückzuholen.

All das ist nur schwer zu ertragen. "Ich denke so oft: Ich hasse Menschen", sagt Elke. Dabei ist sie eine sympathische und herzliche Frau. Wer jedoch hört, womit sich das Team tagtäglich rumschlägt, kann es Elke nicht verdenken, dass sie manchmal den Glauben an die Menschheit verliert.

© Christin Otto
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Doch zum Glück ist das nur eine Seite der Medaille. Denn natürlich gibt es auch die anderen – jene Menschen, die die Arbeit des Tierheims unterstützen und ohne die es oft kaum möglich wäre, allen Tieren gerecht zu werden. Bei dieser Unterstützung geht es längst nicht nur um Geld- oder Sachspenden, sondern auch um Zeit – denn davon haben die Pfleger*innen selbst oft viel zu wenig.

"Es wäre schön, wenn wir den ganzen Tag nur Tiere kuscheln könnten", sagt Elke. Doch die Realität sieht anders aus. Statt Schmuseeinheiten verteilt sie vor allem Futter, macht täglich Dutzende Katzenklos sauber, schleppt kiloweise Katzenstreu hin und her, begleitet den Tierarzt bei seinen Runden, kümmert sich um Anliegen der Besucher*innen, beantwortet unzählige Fragen und Anrufe. "Eigentlich ist es eine Mischung aus Putzjob und Verwaltung."

Aber am Ende des Tages können wir jede Hilfe gebrauchen – und sei es bei ein paar Reparaturarbeiten.

Das Schmusen bleibt da oft auf der Strecke. Doch genau da kommen die Ehrenamtlichen ins Spiel: die Gassigänger*innen und die Katzenkrauler*innen. Jede Woche schauen Tier-Liebhaber*innen vorbei, um Hunde auszuführen und Katzen zu streicheln. "Das ist eine wichtige Unterstützung. Aber am Ende des Tages können wir jede Hilfe gebrauchen – und sei es bei ein paar Reparaturarbeiten", erklärt Elke.

Den Tieren selbst ist auf lange Sicht natürlich vor allem mit einem geholfen: einem liebevollen und vor allem passenden Zuhause. Genau diese Suche ist aber nicht für alle gleich leicht oder schwer. Während kleine "Anfängerhunde" wie das Chihuahua-Pärchen Nacho und Salsa längst in der Vermittlung sind, warten größere Hunde mit speziellen Eigenheiten wie Golden Retriever Nelson oder Schäferhund-Mix Manny noch immer auf "ihren Menschen", wie Elke es nennt.

Den zu finden, ist gar nicht so einfach. Mit Liebe, Futter, Spaziergängen und Streicheleinheiten ist es nämlich nicht getan. Nelson, der von seinen ehemaligen Besitzer*innen einfach an einen Baum gebunden im Wald zurückgelassen wurde, testet gerne seine Grenzen aus und braucht dauerhaft eine strenge Hand – und im Idealfall sogar einen ebenbürtigen Artgenossen, der ihn in die Schranken weist. Manny hingegen, der durch den Tod seines Herrchens sein Zuhause verloren hat, möchte Einzelkind sein und braucht einen geduldigen Menschen, wenn er mal wieder seinen Dickkopf durchsetzen will.

© Christin Otto
© Christin Otto

Genau aus diesem Grund werden Tiere in Zollstock auch nicht leichtfertig vermittelt. Reservierungen per Telefon? Gibt es nicht! Um sowohl Mensch als auch Tier vor Enttäuschungen zu schützen, schaut das Team ganz genau, ob alles passt. Das fängt schon damit an, dass Interessent*innen ein Schreiben von ihren Vermieter*innen vorlegen müssen, dass die Tiere überhaupt in der Wohnung gehalten werden dürfen.

Passen die Basics, muss natürlich auch noch die Chemie stimmen – nicht nur beim Menschen. "Die Tiere entscheiden mit", sagt Elke. Bei Hunden gibt es darum erst mal mehrere Probespaziergänge. Danach wird getestet, ob der gemeinsame Alltag funktioniert. "Man holt den Hund also morgens ab und bringt ihn erst abends zur Fütterung zurück." Sind diese Hürden gemeistert, gibt es einen "Leihvertrag" – sozusagen eine zwei- bis dreiwöchige Probezeit. Wenn dann immer noch alle happy sind, hat der Hund offiziell ein neues Zuhause – ein Moment, der auch Elke immer wieder zu Tränen rührt. "Wenn ein Tier, das man mühsam aufgepäppelt hat, in ein neues Zuhause geht, hat man immer Pippi in den Augen", sagt sie.

© Christin Otto

Genau diese Momente seien das Schönste an ihrem Job, sagt Elke. Doch zur Realität gehört auch, dass sie den ohne finanzielle Unterstützung von außen gar nicht machen könnte. Schließlich belaufen sich die jährlichen Kosten des Tierheims auf rund eine Million Euro.

Zwar unterstützt die Stadt die Einrichtungen, indem sie pro Tier einen bestimmten Tagessatz zahlt, doch das gilt maximal für ein halbes Jahr. Weil viele Tiere aber länger bleiben, sind die Tierheime auch weiterhin auf Spenden angewiesen. "Spenden machen tatsächlich den Hauptteil unserer Finanzierungen aus", erklärt Elke.

Wir verlassen das Tierheim Zollstock am Ende des Tages mit gemischten Gefühlen. Einerseits sind wir beeindruckt und gerührt von der aufopferungsvollen Arbeit, die Elke und ihr Team leisten. Andererseits ist uns schwer ums Herz. All die treuen Hunde- und Katzenaugen, die sehnsüchtig durch die Gitter ihrer Zwinger schauen – das hat etwas mit uns gemacht. Tierpflegerin – ein Traumjob? So sicher sind wir uns da nicht mehr. Was wir aber ganz sicher wissen: Die Kölner Tierheime zu supporten, ist immer eine gute Idee.

So könnt ihr das Tierheim Zollstock unterstützen

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